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Stammzell-Studie ist
komplett gefälscht

Untersuchungskommission überführt Hwang Woo Suk

Seoul (dpa). Der als Klonpionier gefeierte südkoreanische Forscher Hwang Woo Suk hat seine Studie über maßgeschneiderte Stammzellen nach Angaben seiner Universität komplett gefälscht.

Hwangs Team habe nicht nachweisen können, jemals embryonale Stammzellen mit dem Erbgut kranker Menschen geklont zu haben, teilte eine Untersuchungskommission der Seouler Nationaluniversität in einem neuen Zwischenbericht mit. Der abgetauchte Wissenschaftler äußerte sich bislang nicht zu den neuen Vorwürfen. Die überprüften Stammzellen stammen nach Angaben der Uni von befruchteten menschlichen Eizellen ab und sind keinesfalls geklonte, maßgeschneiderte Zellen mit dem Erbgut von Patienten.
Der 53-jährige Tiermediziner Hwang hatte bereits nach den Enthüllungen in der vergangenen Woche seinen Lehrstuhl zur Verfügung gestellt. Er blieb jedoch dabei, dass sein Team über die Technik zum Klonen embryonaler Stammzellen verfüge. Einem Mitarbeiter hatte er vorgeworfen, patientenspezifische Stammzellen vertauscht zu haben.
Die Universitäts-Kommission hatte den einst als Nationalhelden verehrten Hwang bereits zuvor der bewussten Daten-Fälschung für neun der angeblich elf Stammzell-Kulturen überführt, über die er im Mai im US-Fachjournal »Science« berichtet hatte. Die Kommission beauftragte verschiedene Labore, von den zwei restlichen Zellkulturen und anderen, zuvor eingefrorenen Stammzellen, genetische Fingerabdrücke zu nehmen.
Die Kommission seiner Universität bekräftigte gestern ihre Absicht, auch frühere Forschungsarbeiten Hwangs auf ihre Echtheit hin zu überprüfen. Im vergangenen Jahr hatten Hwang und sein Team nach eigenen Angaben erstmals weltweit einen menschlichen Embryonen geklont und daraus Stammzellen gewonnen. In diesem Jahr stellte Hwang außerdem den ersten geklonten Hund vor. Auch er soll nun überprüft werden.
Der Skandal um Hwang hat aus der Sicht von Wissenschaftlern nicht nur einen Schatten auf die Arbeit des Koreaners, sondern auf die Stammzellforschung weltweit geworfen. Durch das therapeutische Klonen hoffen Forscher, Stammzellen zu gewinnen, die zur Heilung schwer kranker Menschen eingesetzt werden können.
Im November war Hwang schon vom Vorsitz einer erst im Oktober eingerichteten Welt-Stammzellenbank zurückgetreten, nachdem er eingestanden hatte, Eizellspenden von abhängigen Mitarbeiterinnen für die Forschung genutzt und darüber falsche Angaben gemacht zu haben. Die Regierung in Seoul hatte Millionen in Hwangs Team investiert, um das Land zu einem führenden Zentrum der Stammzellforschung zu machen.
Betrug in der Forschung ist so alt wie die Wissenschaft selbst. Schon der Astronom Ptolemäus fälschte und fingierte Beobachtungen oder übernahm die Daten von Hipparchos, wie sich fast 2000 Jahre später herausstellte. Auch Isaac Newton soll dem italienischen Historiker Federico Di Trocchio zufolge gemogelt haben. Den Beweis des allgemeinen Gravitationsgesetzes habe Newton von einem Kollegen »geklaut«.
Der österreichische Biologe Paul Kammerer half der Natur in den 1920er Jahren mit dem Malstift nach, als die von ihm gezüchteten Kröten nicht die erwarteten Markierungen aufzeigten. Als die Sache aufflog, beendete er sein Leben mit einer Kugel. US-Forscher William Summerlin nahm 1974 einen Filzstift und malte weißen Mäusen schwarze Flecken auf, um fremde Hauttransplantate vorzutäuschen. Als einer der bislang größten deutschen Wissenschaftsskandale gilt der Fall um die Krebsforscher Friedhelm Herrmann und Marion Brach, die zwischen 1988 und 1993 manipulierte Arbeiten veröffentlicht und Forschungsgelder erschlichen haben sollen. Seite 4: Kommentar

Artikel vom 30.12.2005