07.01.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Genießen auf der Rhône
Bielefelderin betreut Passagiere bei »Arosa Stella«-Flusskreuzfahrten in Frankreich
Vom Ufer her tönt Johnny Hallyday. Irgendwo muss ein kleines Fest stattfinden. Haben die Menschen an der Rhône und der Saône nicht ständig einen Grund zu feiern?
Sie wohnen an einer der schönsten Flusslandschaften Europas, in ihren Gärten wachsen einige der weltbesten Weine. Gelb blüht der Ginster, ein paar Jogger traben gemächlich in den wohlverdienten Feierabend. Wir sitzen unterdessen gemütlich auf dem Schiff und frönen dem süßen Nichtstun. Begleitet von einem feurigen Syrah, einem würzigen Pinot Noir oder einem eleganten Chardonnay geht es in die Abenddämmerung. »Savoir vivre« würde der Franzose dazu sagen - »wissen, wie man lebt«. Und genießt...
Nur Navigationsoffizier Jean Pierre Legrain hat keinen Blick für die Landschaft. Er muss das Schiff in die nächste Schleuse manövrieren. 125 Meter ist die »Arosa Stella« lang, 11,40 Meter misst sie in der Breite - und zwischen den Außenwänden des eleganten Schiffes und den Innenwänden der Schleusenkammer liegen gerade noch jeweils elf Zentimeter. Niemals, so denke ich bei mir, will ich mich wieder über zu enge Parkhäuser beschweren.
Schleusen sind eine Attraktion für die Reisenden. Kameras klicken, Videos surren. Die größte Schleuse bei Bollène senkt das Schiff um 23 Meter, binnen weniger Minuten werden 540 000 Liter Wasser abgelassen. Aber Schleusen haben auch etwas Tückisches. Denn sie bremsen den Verkehr, verursachen Staus, werden zuweilen gar unversehens geschlossen - und damit wird jede Ausflugsplanung zum Vabanque-Spiel. Das nervt die Gäste an Bord - und frustriert die Schiffsführung. Wenn man wenigstens in den schönen Außenpool der »Arosa Stella« könnte... Aber während der Fahrt muss das hintere Sonnendeck meistens gesperrt werden, denn sonst würde das Schiff nicht mehr unter den Brücken hindurch passen. So drängen sich die Passagiere unter dem Sonnensegel, welches vor der heißen südfranzösischen Sonne schützt.
2003 entschloss sich die Arkona Reederei, nach vier erfolgreichen Donauschiffen zwei weitere Dampfer für die Rhône in Auftrag zu geben. Zwar wächst der Markt für Flusskreuzfahrten beständig, doch zu diesem Zeitpunkt war noch nicht abzusehen, dass die Destination Südfrankreich einen schweren Einbruch erleben würde. Zu teuer - das ist der Hauptkritikpunkt der Urlauber, die um die Provence und die benachbarten Regionen neuerdings einen Bogen machen.
Da freilich kommen die »Arosa Stella« und ihr baugleiches Schwesterschiff »Arosa Luna« gerade recht: Sie bieten legeren Kreuzfahrtgenuss zu moderaten Preisen. Dies wird nicht zuletzt durch das Büffet-Konzept und kostenlose Softdrinks zu den Mahlzeiten ermöglicht. 46 Besatzungsmitglieder kümmern sich an Bord um das Wohlergehen der maximal 172 Passagiere.
Klar, dass die Gäste auf einer Reise durch die Provence und das Burgund besonders hohe kulinarische Ansprüche stellen. Und diese werden bestens erfüllt! Dass sich die Schiffe auf der Donau und der Rhône ebenso aufs I-Tüpfelchen gleichen wie die Arosa-Resorts an Land, schafft den behaglichen Gewöhnungs- und Wiedererkennungseffekt, geht aber auch zu Lasten der Flexibilität. Eis zur Mittagszeit steht nicht im Plan - selbst dann nicht, wenn ganz Frankreich unter einer Sonnenglocke liegt und schwitzt. Das penible Korsett der »Bordregeln« passt nicht zur gewollt lockeren Atmosphäre des Schiffes. Wenn dann auch noch sekundengenau am Ende der Mittagszeit die Automaten für kostenloses Mineralwasser abgeschaltet werden und die Bordfahrräder nur für Gruppenausflüge, nicht aber für individuelle Touren zur Verfügung stehen, verärgert das viele Gäste.
Was das Schiff besonders auszeichnet, ist der Wellness-Bereich »Spa-Rosa« mit Saunen, Massagen, Fitnesscenter und kosmetischen Angeboten. Achtung: Wer alles ausprobieren will und auch noch die Vielzahl der angebotenen Ausflüge wahrnimmt, gerät richtig in Kreuzfahrtstress. Das »Sahnehäubchen« sind allerdings zwei Themenkreuzfahrten zu bestimmten Terminen, die sich an Gourmets beziehungsweise Golfer richten. Abschlagen auf drei Top-Plätzen in Provence und Burgund oder ein Besuch bei Koch-Legende Paul Bocuse in Collonges bei Lyon: Das sind die Höhepunkte dieser Zusatzangebote.
Überhaupt zeichnet sich das touristische Programm durch die zusätzliche Fahrt in die nördlich von Lyon gelegene Saône durch ausgewogene Vielfalt aus. In nur einer Woche lassen sich einige der schönsten Regionen Frankreichs erleben. Dazu kommt das erlesene Bordprogrammm mit Weinprobe und französischer Unterhaltungsmusik.
Betreut werden die Urlauber an Bord übrigens von einer Bielefelderin: Sabine Hippe, die als »Guest Relation Manager« zum Stamm der Offiziere gehört, arbeitete viele Jahre bei WESTFALEN-URLAUBSREISEN in Steinhagen. Die Absolventin der Bielefelder Carl-Severing-Schulen half den Kunden über viele Jahre, die schönsten Reiseziele auf der ganzen Welt zu buchen und vermittelte natürlich auch die beliebten WESTFALEN-BLATT-Leserreisen.
Dann jedoch zog sie es vor, selbst in die weite Welt hinaus zu ziehen. Fünf Jahre arbeitete sie als Fitness-Trainerin und Animateurin auf den Kanarischen Inseln. Und 2005 schaute Sabine Hippe aus einer Laune heraus im Internet nach neuen Job-Perspektiven, stieß auf die neuen Arosa-Schiffe - und wurde zur Premiere der »Stella« nach Frankreich geschickt.
Nun kreuzt sie zwischen Chalon-sur-Saône und Avignon, leitet das bordeigene Spa, kümmert sich um die Unterhaltungsprograme, organisiert Ausflüge, betreut den bordeigenen Souvenirverkauf - und ist an sieben Tagen in der Woche 24 Stunden lang Ansprechpartnerin für alle Wünsche der Gäste.
Wenn Sabine Hippe einmal Urlaub macht, dann fährt sie nach Bielefeld zu Mutter Barbara und freut sich auf die Neffen Pascal, Dennis und Tobias. »Wenn man ständig auf Reisen ist, sollte man besser ungebunden sein. Die drei sind quasi meine Ersatzkinder«, schmunzelt sie - und wendet sich zwei Passagieren zu, die am nächsten Tag auf der Ardèche gerne eine Kajaktour unternehmen möchten.
Thomas Albertsen

Artikel vom 07.01.2006