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Rote Karte vor der WM 2006:
Waldemar Hartmann »auf Eis«

ARD-Sport-Reporter wechselt die Rolle: Olympia-Talk mit Harald Schmidt

Von Klaus Lükewille
Bielefeld (WB). Na, dann Prost Neujahr. Waldemar Hartmann (57), bekennender Weißbier-Trinker, dürfte sich am Silvester-Abend einen besonders großen Schluck genehmigen. Das Abschieds-Glas auf die Weltmeisterschaft - denn als ARD-Sport-Reporter ist er hier 2006 nicht mehr mit am Ball.

Was sogar im »Spiegel« ausdrücklich »bedauert« wurde. Original-Ton, natürlich ironisch gemeint: »Wenn Hartmann aus dem Quartier der deutschen Nationalmannschaft berichtete, dann konnten alle Muttis beruhigt sein. Seine sonore Stimme verhieß: Die Jungs sind wohlauf, nichts ist so heiß, wie ÝBildÜ es hochkocht.«
Dann ging es bissig weiter: »In Hartmann fand die Einfalt ein Sprachrohr, eine gute Fußball-Elf entstehe aus jungenhafter Kuscheligkeit eines Hotel-Quartiers, aus Tischfußball, Skat, Badelatschen und Bettgehbereitschaft.«
Das war ziemlich gemein.
Und so hart hat er es nicht verdient, der Hartmann - wenn er auch mehrfach als »Weichspüler« aufgetreten ist.
Oder wie vor ein paar Tagen als beleidigter Besserwisser. Bei der mitternächtlichen Auslosung des DFB-Pokal-Viertelfinales am 21. Dezember ließ er den FC St. Pauli in Bremen gegen Werder antreten. Andreas Bergmann, der Trainer des Außenseiters, korrigierte den Fernseh-Experten: »Da sind sie falsch informiert. Wir haben als Amateurverein Heimrecht.«
Kein Dankeschön für den Hinweis, keine Entschuldigung für die Fehlinformation. Stattdessen lederte Hartmann zurück: »Ich bin nie falsch informiert. Ich mache dieses Geschäft schließlich schon zwanzig Jahre. Mir war das gerade nur entfallen.« Was für ein peinlicher Auftritt. Da war der Moderator nicht auf der Höhe - und leistete sich diesen Tiefpunkt.
Aber ein ARD-Interview, das Hartmann nach dem EM-Qualifikationsspiel am 6. September 2003 auf Island führte, gehört nicht in diese Kritik-Kategorie. Als Teamchef Rudi Völler im Anschluss an das mickrige 0:0 losdonnerte, hielt Hartmann krachend dagegen. Er schluckte auch, dass Völler ihn anmachte, er würde gleich sowieso wieder seine zwei, drei Weißbier trinken - und die Sache sei für ihn erledigt.
Der Gerstensaft schmeckt Hartmann immer noch. Er wurde nach dieser Sendung sogar mit einem Werbevertrag aus der bajuwarischen Bier-Branche belohnt.
Erledigt ist für Hartmann allerdings das Thema Nationalmannschaft. Die ARD-Verantwortlichen präsentieren zum WM-Jahr 2006 ihre Damen-Wahl. Monica Lierhaus, die schon im Bundesliga-Alltag der »Sportschau« in jeder Beziehung eine gute Figur machte, sie soll die Quartier-Gespräche führen, wenn Bundestrainer Jürgen Klinsmann und seine Kicker das vornehme »Schloss-Hotel« im Berliner Grunewald beziehen.
Im Wald steht der »Waldi« deshalb aber noch lange nicht. Für die Planer vom »Ersten« bleibt Hartmann weiter erste Wahl. Es gibt im WM-Jahr schließlich auch ein paar Sport-Veranstaltungen neben dem Fußball. Hier kletterte er zuletzt als Moderator schon in den Box-Ring, auf den winterlichen Loipen und Pisten ist der Bayer ohnehin Stammgast vor der Kamera und hinter dem Mikrofon.
Und das wird beim ersten Höhepunkt des Jahres 2006 auch so bleiben. Allerdings, darauf schnell noch ein Weißbier, Hartmann hat dann eine neue Rolle. Er tritt bei den Olympischen Winterspielen in Turin nicht mehr als Moderator an. Nein, er wird »auf Eis« gelegt und bekommt am Abend ab 23.00 Uhr eine heiße Extra-Sendung.
Titel: »Waldi und Harry«.
Mit dem Late-Night-Talker Harald Schmidt rückt Hartmann ins Programm. Im »Deutschen Haus« von Sestriere wird der olympische Tag noch einmal beleuchtet. Natürlich nicht besonders sportlich, dafür möglichst lustig. Schmidt stellt sich seinen Einsatz so vor: »Ich bringe Waldi die Getränke, als Husky verkleidet.« Das sollte dann, aber sicher doch, zu so später Stunde natürlich ein kühles »Weißes« sein.
Da ist Hartmann Fachmann.
Die ARD-Bosse setzen darauf, dass beim Wortwechsel zwischen dem eloquenten Entertainer Schmidt und dem barocken Fernseh-Fossil Hartmann gelacht werden darf. Programm-Direktor Günter Struve glaubt sogar: »Waldi und Harry, dieses ungewöhnliche Format könnte Kult werden.«
Wenn Schmidt und Hartmann bei den Olympischen Winterspielen tatsächlich »Gold« in der Kehle haben sollten, dürfen sie auch im Sommer wieder ran.
Dann geht es heiter weiter.
Denn Struve könnte sich das Plaudertaschen-Duo an den Weltmeisterschafts-Abenden im »Ersten« gut vorstellen. Und der schon ins Abseits geschobene Hartmann, er wäre wieder im Spiel. Sogar mittendrin. Als Komiker.
Den soll »Waldi« ja vorher auch manchmal gegeben haben. Na, dann erst recht: Prost Neujahr.

Artikel vom 31.12.2005