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Ein früher Europäer

Robert Dornhelm inszeniert Film über Prinz Rudolf

Von Irmgard Schmidmaier
Wien (dpa). Der Prinz führt seine frisch angetraute Prinzessin auf die Tanzfläche, ein Walzer beginnt. Kaiser und Kaiserin begutachten die Szene misstrauisch. »Sie bewegt sich wie ein Kamel«, flüstert Elisabeth ihrem Franz Joseph ins Ohr.

Die belgische Prinzessin ist in den Augen der schönen österreichischen Kaiserin keine adäquate Partnerin für ihren Sohn. Kronprinz Rudolf, sein Leben, seine politischen Ansichten und sein dramatischer Freitod in Mayerling mit seiner Geliebten steht im Mittelpunkt des historischen Fernsehfilms »Rudolf« des Regisseurs Robert Dornhelm. Gerade fiel die letzte Klappe für den aufwändigen Dreh in Wien.
Es ist eine europäische Produktion mit internationaler Starbesetzung: In der Titelrolle des habsburgischen Thronfolgers Rudolf (1858 - 1889) ist Max von Thun zu sehen, seinen kaiserlichen Vater Franz Joseph spielt Klaus Maria Brandauer, seine Mutter Kaiserin Elisabeth der italienische Leinwandstar Sandra Ceccarelli und seine Geliebte Mary Vetsera spielt Vittoria Puccini. Rudolfs Gegenpart Wilhelm II. gibt Robert Stadelober, am Set sind außerdem Joachim Krol, Christian Clavier sowie Omar Sharif, der 1968 selbst in der Rolle des jungen Habsburgers zu sehen war.
Dornhelm, der 2001 für seinen Fernseh-Zweiteiler »Anne Frank« mit dem Emmy Award ausgezeichnet wurde, hat für das Historiendrama eng mit der Habsburg-Expertin Brigitte Hamann zusammen gearbeitet. Den Regisseur interessiert vor allem die politische Position des habsburgischen Thronfolgers, der mit seinen liberalen Ideen gegen das konservative Establishment nicht ankam und trotz hohen eigenen Interesses zur Untätigkeit verdammt war. Für den Regisseur bietet der historische Stoff reichlich Parallelen zum heutigen Ringen um eine europäische Politik. Er sieht Rudolf als einen politisch denkenden Charakter, einen frühen Europäer, der alle Voraussetzungen mitbrachte, das Reich zu einen und Frieden in Europa zu schaffen, aber am konservativen System scheiterte.
Doch auch die dramatischen privaten Aspekte im Leben des Kronprinzen kommen nicht zu kurz, seine ausschweifenden Liebesgeschichten, seine Morphium-Abhängigkeit, seine Geschlechtskrankheiten. Darsteller Max von Thun ist, wie er sagt, »mit großem Respekt an die Rolle herangegangen«. Rudolf sei ihm nahe gekommen, denn die Konflikte, die er durchlebt, sieht er als völlig zeitlos. »Aber selbst bin ich ein völlig anderer Mensch, und bin auch sehr froh darüber«, meint der Schauspieler.
Die Produktion mit einem Budget von 11 Millionen Euro wurde an 50 Tagen an zahlreichen Originalschauplätzen in Wien wie Schloss Schönbrunn, Staatsoper, Hofburg und einigen Palais in der Innenstadt sowie in Niederösterreich gedreht. Dabei waren 3500 Komparsen im Einsatz, dazu kamen Kutschen und Reiter. »Rudolf« soll im kommenden Jahr die ARD-Zuschauer erreichen.

Artikel vom 29.12.2005