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Saß Unfallfahrer
halb blind im Pkw?

Neue Zeugen im Karfreitagsprozess


Bielefeld (hz). Wende im Prozess um den Karfreitagsunfall (eine Tote, neun Verletzte) von der Herforder Straße: Statt des für gestern erwarteten Urteils ging das Verfahren am 4. Verhandlungstag erneut in die Verlängerung. Grund: »Es besteht der Verdacht, dass der angeklagte Unfallfahrer Danny B. (21) am Tattag 25. März halb blind am Steuer seines getunten Kleinwagens gesessen haben soll.
Der seit dem 28. November laufende Prozess um das Geschehen vom Karfreitag 2005 - am Rande eines Treffens der Tuningszene war Danny B. mit seinem Pkw in eine etwa 70-köpfige Menschenmenge gerast - ist an Überraschungen wohl kaum mehr zu überbieten. Zunächst war der gestrige Verhandlungstag vor dem Amtsgericht innerhalb von nur zwei Stunden gleich zwei Mal eröffnet worden.
Nachdem alle Prozessbeteiligten wegen des Zuschauerandranges in einen größeren Gerichtssaal umgezogen waren, fehlte vor dem neuen Saal der Informationszettel für die Öffentlichkeit. Weil das von Verteidiger Michael Naumhein dann aber erst gut eine Stunde später mit Verweis auf die Strafprozessordnung bemängelt worden war, wurde der 4. Prozesstag neu angesetzt. Ein bereits vernommener Zeuge musste wieder aussagen, bereits gestellte Beweisanträge der Verteidigung wurden erneut verlesen.
Gestern Nachmittag - Staatsanwalt Carsten Nowak hatte bereits plädiert und 15 Monate Freiheitsstrafe zur Bewährung, 1500 Euro Geldbuße sowie weitere zehn Monate Führerscheinsperre für Danny B. gefordert - war es wieder Verteidiger Naumhein, der für die dann größte Überraschung sorgte. Naumhein führte in seinem Schlusswort ein augenärztliches Gutachten der Uniklinik Mannheim ein, das seinen Mandanten Danny B. eigentlich entlasten sollte. Demnach war B. vor der Tragödie am Karfreitag am rechten Auge operiert worden und hatte an diesem Organ einen Monat nach der Tragödie immer noch einen Sehkraftverlust von 60 Prozent.
Während Naumhein darauf beharrte, dass Danny B. trotzdem am Karfreitag Auto fahren durfte, sahen das Staatsanwalt Nowak und Rechtsanwalt Hans-Ingolf Seidel (vertritt die Eltern der beim Unfall getöteten 25-jährigen Jessica S.) völlig anders. Das Gericht gab den Beweisanträgen der beiden Juristen statt und lud neue sachverständige Zeugen. Am 6. Januar soll nun ein behandelnder Augenarzt aus Mannheim vor Gericht erklären, ob der Sehkraftverlust Danny B. so beeinträchtigt hat, dass er erst mit seinem Pkw ein rechts von ihm fahrendes Auto touchierte und dann nach rechts in die Zuschauermenge des Tuningtreffens raste.

Artikel vom 28.12.2005