31.12.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Arminia Bielefeld

Aufbruchstimmung in der »Arena«

Sportlicher Erfolg, Stadion-Endausbau und Mitgliederwerbung prägten zum 100. Klubgeburtstag das Jubiläumsjahr 2005. Die Angestellten von Arminia Bielefeld haben allen Grund, stolz auf sich zu sein. Doch bevor irgendeiner meint, sich wegen 20 Bundesligapunkten und dem »Erreichen des DFB-Pokal-Viertelfinales auf die Schulter klopfen zu können, tritt Mathias Hain schon mal auf die Euphoriebremse«.


Ganz Kapitän sagte er nach dem Jahresabschlusserfolg im Pokal über Unterhaching: »Wir haben in der Liga Punkte liegen lassen. Es hätten 24 oder 25 sein können.« Klar weiß auch der erfahrene Torwart, der an Silvester seinen 33. Geburtstag feiert und seine fünfte Saison für Arminia spielt, dass der DSC bisher weit mehr geschafft hat, als der Mannschaft vor dieser Saison von den meisten zugetraut wurde. Doch erst wenn der sichere Klassenerhalt und das Halbfinale im Pokal erreicht sind, erst dann dürfen alle zufrieden sein.
Bundesligaplatz elf zur Winterpause: Dass der Rückstand auf Rang fünf nur sechs und der Vorsprung auf Rang 16 acht Punkte beträgt, ändert an der Zielsetzung der Ostwestfalen rein gar nichts. Der Verbleib in der Eliteklasse steht über allem. Je eher desto besser.
Dass Arminia ganz nebenbei die Liebe zum DFB-Pokal entdeckt hat, bietet dem Verein die Perspektive, endlich einmal länger als nur zwei Jahre am Stück im Oberhaus mitzuspielen. Die Einnahmen aus dem K.o.-Wettbewerb sind Mehreinnahmen, die der Klub einsetzen kann, um a) neue Spieler zu verpflichten, b) die Forderung der Deutschen Fußball Liga (DFL) nach einem Jugendleistungszentrum zu erfüllen und um c) den Stadionendausbau zu realisieren. Deshalb gleich zu behaupten, Arminia stehe vor einer rosigen Zukunft, wäre übertrieben. Doch notorische Pessimisten hatten auch schon mal mehr Grund, schwarz zu sehen.
Dass während der Sommerpause an der Melanchthonstraße die Bagger anrollen sollen, kommt den meisten Arminia-Anhängern zur Zeit noch vor wie ein Traum. Alle vier Tribünen auf einer Höhe, die geballte Fan-Stimmkraft hinterm Tor, geschlossene Ecken - schon in der nächsten Saison soll die SchücoArena 28 000 Zuschauern Platz bieten. Schöne neue Fußball-Welt in Bielefeld. Die Anhänger spüren: Aha, es passiert etwas. Arminia hat bei ihren Fans im Jubiläumsjahr auf vielen Ebenen eine Aufbruchstimmung geweckt.
Doch die vergrößerte Kapazität ist angesichts der schon heute zu selten ausverkauften SchücoArena nicht der entscheidende Aspekt. Emissionsschutz lautet das Stichwort, der Verein ist gezwungen, etwas zu unternehmen. Trotzdem erhofft sich Finanzchef Roland Kentsch durch das nach dem Ausbau erhöhte Angebot an Sitzplätzen nebenbei auch eine bessere Auslastung. Denn auch an Bielefeld sind die veränderten Publikumsansprüche nicht vorbeigegangen. Sitzplätze sind gefragter als Stehplätze, Fußballstadien sind heutzutage eben auch Familienausflugsziele. Dem wird Rechnung getragen.
Doch ein schmuckes Stadion haben viele Klubs. Das allein wird die Fußballfans nicht anlocken. Arminia hat im Jubiläumsjahr 2005 damit begonnen, die Mitgliederwerbung zu professionalisieren. Andreas Mamerow, jüngster Mann im Vorstand, tobt sich auf dieser Spielwiese aus, trägt die Verantwortung für die Aktion 5000. Dass daraus inzwischen eine Aktion 5000 plus geworden ist, beweist, dass Mamerow und sein Team auf dem richtigen Weg sind.
Über allem steht aber noch immer eine attraktive Mannschaft. Thomas von Heesen hat Bielefelds Spiel eine eigene Handschrift verliehen. Sieben Partien lang hielt er am System seines erfolgreichen Vorgängers Uwe Rapolder fest, vor dem achten, dem 1:1 in Leverkusen, löste er sich von den Fesseln. Seit der Umstellung - von Heesen lässt mit zwei Spitzen statt mit einer Spitze spielen - hat Bielefeld Erfolg. Fünf Punkte holte die Mannschaft aus den ersten sieben, 15 aus den folgenden acht Spielen.
Dass Thomas von Heesen mit David Kobylik, Sibusiso Zuma, Bernd Korzynietz und Heiko Westermann vier Volltreffer verpflichtete und der vom neuen Sport-Geschäftsführer Reinhard Saftig auserkorene Radim Kucera bis zu seiner schweren Verletzung ebenfalls stark spielte, spricht für Arminias sportliche Führung. Nur die vermeintlich namhaftesten Neuverpflichtungen, Tobias Rau und Nebojsa Krupnikovic, haben noch nicht das geboten, womit sie sich bei ehemaligen Arbeitgebern ins Rampenlicht spielten.
Wenn nun auch noch diese beiden ihr Potenzial abrufen, dazu Petr Gabriel, Rüdiger Kauf, Massimilian Porcello und Radim Kucera zu der Form zurückfinden, die sie vor ihrer schweren Verletzung hatten, kann Arminia noch stärker werden. Vorausgesetzt, Thomas von Heesen schafft es, auch diejenigen bei Laune zu halten, die bei Rückrundenbeginn nicht zur Stammelf zählen. Mathias Hain macht sich hierüber keine Sorgen. Der ausgeprägte Teamgeist, so wird der Kapitän nicht müde zu betonen, sei genau das, was Arminia besonders auszeichne.

Ein Beitrag von
Dirk Schuster

Artikel vom 31.12.2005