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Schattenmann will ins Licht

Vierschanzen-Tournee: Michael Uhrmann gehört zum Kreis der Favoriten

Oberstdorf (dpa). Der einstige Schattenmann Michael Uhrmann will sich bei der Vierschanzen-Tournee zur neuen Lichtgestalt des deutschen Skisprungs aufschwingen. Dank seiner Top-Resultate in der bisherigen Saison strotzt der 27-Jährige vor Selbstvertrauen und geht bei seiner bereits zwölften Teilnahme erstmals mit Erfolgsaussichten an den Start.

»Natürlich träumt man vom Tourneesieg, doch die Konkurrenz ist brutal. Ich werde versuchen, einen Sieg zu landen, denn es gibt Erfolge, die der Außenwelt länger in Erinnerung bleiben. Ich bin zwar nur Favorit Nummer vier, aber mit allen auf Augenhöhe«, verkündete er zuversichtlich.
Nach einem besinnlichen Weihnachtsfest im Kreise seiner Familie reiste Uhrmann gestern nach Oberstdorf, wo am Donnerstag wie gewohnt der Tournee-Auftakt steigt. Dann will die Nummer eins im deutschen Team ganz vorne mitmischen. »Ich habe gutes Material und alle Möglichkeiten. Wenn alles passt, ist im Gesamtklassement ein Podestplatz drin. Ich bin schon in den vergangenen zwei Jahren eine super Tournee gesprungen, aber Platz sieben oder acht reichen mir nicht mehr. Das interessiert nicht wirklich, damit wäre ich nicht zufrieden«, formulierte Uhrmann seine gehobenen Ansprüche.
Kein Wunder, landete er bei den bisherigen sieben Saison-Wettbewerben doch fünf Mal unter den besten Vier. Dadurch sind die Konkurrenten um den favorisierten viermaligen Saisonsieger Jakub Janda (Tschechien) sowie Titelverteidiger Janne Ahonen (Finnland) auf ihn aufmerksam geworden und die eigenen Erwartungen gestiegen. »Ich habe keinen Anlass, auf die anderen zu schauen. Dafür konnte ich feststellen, dass die anderen mich mehr beobachten«, berichtete der Gesamtvierte im Weltcup.
Überraschend kommt sein Höhenflug nicht. Im Sommer hat Uhrmann vor allem an der Athletik gearbeitet, um seine Nachteile in diesem Bereich wettzumachen. Die Vorbereitung auf den Olympia-Winter verlief problemlos und erstmals seit vielen Jahren wieder nach Plan. Zudem stimmt das Gewicht, mit dem Uhrmann in den Vorjahren immer zu kämpfen hatte. »Ich bin daher schon mit der Erwartung in die Saison gegangen, dass solche Platzierungen herausspringen können«, sagte der Angestellte der Bundespolizei, der im April zum ersten Mal Vater wird. »Das hat mich zusätzlich beflügelt«, erklärte Uhrmann.
Vorbei sind die Zeiten, in denen er nervös auf dem Bakken saß und so manche gute Ausgangsposition nach dem ersten Durchgang verspielte. »Durch die Anzahl der guten Sprünge habe ich mehr Selbstbewusstsein als früher. Ich weiß, dass ich gewinnen, zumindest aber immer unter die Top Ten kommen kann«, sagte Uhrmann. Das will er auch beim ersten Saison-Höhepunkt unter Beweis stellen. »Ich hoffe, auf diesem Niveau weiter zu springen und acht Sprünge hinzubekommen, die an meinem Optimum sind«, erklärte er.
Dafür hat er im vorweihnachtlichen Trainingslager in Oberstdorf am Absprung gefeilt (»Da muss noch mehr Stabilität rein«) und neue Ski getestet. »Ich bin die ganze Saison nur mit einem Paar gesprungen, weil ich mit den anderen nicht zurecht gekommen bin. Beim letzten Weltcup in Engelberg habe ich aber gemerkt, dass ich für nassen Schnee noch andere brauche«, begründete er die Maßnahme.

Artikel vom 28.12.2005