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Leben in satten Farben

Zweiteiler »Der weiße Afrikaner« startet in der ARD

ARD, 20.15 Uhr: Weil ein Spiel der Fußball-Bundesliga den Vorzug erhielt, ließ das Erste seinen sechs Millionen Euro teuren Zweiteiler »Der weiße Afrikaner« im November 2004 ausfallen. Seitdem ruhte er.
Ein gutes Jahr später ist nun in der fußballfreien Zeit, nämlich heute und am kommenden Freitag der Augenblick gekommen, an dem das Spektakel ausgestrahlt werden kann. Es ist die Geschichte des Berliner Missionarssohn Hans Merensky, der als Gold- und Diamantenschürfer nach Südafrika in ein Leben voller Abenteuer und Spannungen ausbricht.
Hans Merensky ist trotz Kolonialherrenattitüde eher eine Lichtgestalt deutscher Kolonialgeschichte, dessen Andenken noch heute in Südafrika hochgehalten wird: kein Ausbeuter, eher ein früher Entwicklungshelfer großen Stils, der Schulen für die Einheimischen baute und viele karitative Einrichtungen schuf. Regisseur Martin Enlen (»die bisher größte Herausforderung meiner Regisseurslaufbahn«) malt sein Leben in sattesten Farben, Tim Bergmann liefert in der Titelrolle eine Prachtgestalt ab.
Ohne romantisches Beiwerk geht das nicht: So schmachtet er hier vergeblich einer großen Liebe hinterher, während beim historischen Vorbild nichts von einer Frau bekannt, sondern eher von homophilen Neigungen die Rede ist. Diese werden im Film allenfalls angedeutet. Schauspieler Hans-Werner Meyer übernahm die Rolle des anfänglich engsten Freundes und späteren schlimmsten Feindes Albrecht: »Ich hatte zunächst die Szene, als Albrecht für seine Schwester um die Hand Merenskys anhält und tief verletzt reagiert, weil der die Schwester nicht heiraten möchte, gar nicht ganz verstanden«, berichtet Meyer. »Erst als mir der psychologische Hintergrund klar wurde, konnte ich das spielen.« In weiteren Rollen sind Gerd Silberbauer als Widersacher Cees van Tonderen, Simo Magwaza als schwarzer Freund Mashaba sowie noch Michael Tregor, Oliver Bäßler und Fritz Karl als Vertraute zu sehen.
Entsteht neues Interesse an dem selten beackerten Feld der deutschen Kolonialgeschichte vor dem ersten Weltkrieg? Im Herbst hatte beim ZDF Gisela Graichens Doku-Serie zum deutschen Kolonialismus großen Einschalterfolg. Aber so eng will WDR-Fernsehfilmchef Gebhard Henke den Zusammenhang zum Projekt des eigenen Hauses nicht sehen: »Das ist vor allem eine Abenteuergeschichte voller Spannungen und Emotionen«, sagt Henke. »Erst in zweiter Linie, glaube ich, befriedigt er ein mögliches historisches Interesse.« Aber die Linie großer historischer Spektakel soll fortgesetzt werden. Demnächst mit einer hochkarätig besetzten Verfilmung über Frankreichs König »Henri IV.«, der 1553 im südfranzösischen Pau geboren und 1610 in Paris ermordet wurde.

Artikel vom 28.12.2005