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Susanne Osthoff

Eine schwer gezeichnete Frau


Das ZDF hat 24 Stunden gezögert, bis es sich zur Ausstrahlung eines unbarmherzigen Interviews mit Susanne Osthoff entschloss. Eine schwere Fehlentscheidung.
Scharadenhafte Sätze, übernervöse Augen, kein klarer Gedanke: Die im Irak verschleppte Frau ist krank, stark traumatisiert und bedarf dringend fachkundiger Hilfe. Das konnte jeder Zuschauer sehen - und nur das. Nicht eine einzige gesicherte Information hat der gescheiterte Gesprächsversuch zutage gefördert.
Fragestellerin Marietta Slomka in Mainz und - für den Zuschauer unsichtbar - Korrespondent Luc Walpot bei der Aufzeichnung in Katar haben das Ihre nach Kräften getan, dennoch war das Ergebnis nicht geeignet, gesendet zu werden. Deshalb liegt die Verantwortung für die menschenunwürdige Vorführung einer schwer gezeichneten Frau einzig bei der Senderleitung. Keine Spur vom dem beim ZDF sonst noch spürbaren Qualitätsanspruch.
Die Alternative wäre ein Standbild gewesen, wie es die ARD mit dem Entführervideo seit Beginn des Geiseldramas durchgehalten hat. Auch ein erläuterndes Stück über psychische Überforderungen von Menschen, die in absoluter Todesangst schwebten, wäre angebracht gewesen. Reinhard Brockmann

Artikel vom 30.12.2005