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Fritz Kuhn

»Wir brauchen schon jetzt ein
Signal, dass
es mit der Ich-AG weitergeht.«

LeitartikelDie Hartz-Pleite

Ersatz für den Schaden
gibt es nicht


Von Reinhard Brockmann
Gerhard Schröder ist schuld. Es klingt wie billiges Nachkarten bei einem, der seinen Job verloren hat und sich nicht mehr wehren kann. Das Gegenteil ist richtig.
Die »Hartz I bis IV« genannten Arbeitsmarktreformen sind ein gewaltiger Reinfall, haben die Volkswirtschaft Milliarden Euro gekostet und Menschen Zukunft genommen statt ihnen neue Chancen zu eröffnen. »Hartz« darf getrost mit »Agenda 2010« übersetzt werden. Das führt direkt zu den politisch Verantwortlichen.
Schon vergessen? Im Vor-Hartz-Jahr 2002 zelebrierte der Medien-Kanzler ein Brimborium ohnegleichen. Da wurden Spannungsbögen aufgebaut und gewaltige Erwartungen geschürt. Es gab eine wegweisende Rede im Frühjahr, ein bildmächtiges Treffen im Park von Schloß Hardenberg und die symbolische Übergabe einer Mini-CD durch einen gewissen Peter Hartz. Der Bundeskanzler verehrte den inzwischen längst Geschassten als Wunderheiler eines ganzen Volkes.
Zuletzt stahl sich jener Herr Schröder selbst vorzeitig aus der Verantwortung und hüpfte in gleich drei schönere Jobs, jeder für sich besser dotiert als die Kanzleramts-Maloche.
Deshalb dürfen wir zuallererst den ehemaligen Bundeskanzler zumindest symbolisch haftbar machen, Schadensersatz ist laut Verfassung nicht vorgesehen. Danach kommen viele Mitmacher, darunter die heutige Bundeskanzlerin und andere Unionsgranden, die große Koalition übten.
Heute wissen wir, dass sowohl die Einführung von Bildungsgutscheinen als auch die flächendeckende Einrichtung von »Personal-Service-Agenturen« (Hartz I) zum 1. Januar 2004 ihr Ziel gründlich verfehlten.
Auch Hartz II, die Einrichtung von »Job-Centern« als gemeinsame Anlaufstellen von Arbeitsamt und Trägern der Sozialhilfe erwies sich als Schuss in den Ofen. Die viel gepriesene »Ich-AG« blieb ein Einstieg in den Ausstieg, und selbst die als einzig erfolgreich gefeierten Existenzgründungszuschüsse gab es vorher schon.
Der Umbau der Bundesanstalt für Arbeit (Hartz III) zum 1. Januar 2004 war fällig, einen wirklichen Impuls hat niemand gemessen.
Bliebe Hartz IV, die erst zum Beginn 2005 eingeführte Zusammenlegung von Arbeitslosengeld und Sozialhilfe - das klarste Beispiel für handwerklich schlechte Politik.
Weil niemand wirklich wusste, was an der Basis los ist, stieg die Zahl der Berechtigten über alle Maßen. Die Rechnung zahlen wir Steuerbürger. Am Ende wird das ALG II allein 2005 gut 26 Milliarden Euro kosten - statt 14,6 Milliarden, wie im Haushalt veranschlagt.
Die politisch Verantwortlichen können nicht mehr zur Rechenschaft gezogen werden. Im Koalitionsvertrag gibt es lediglich die Absicht, die Zahl der ALG-II-Bezieher zu beschränken. Deshalb muss gehandelt werden.
Bis zur Stunde ist Hartz Gesetz - aber nicht ein einziger neuer Arbeitsplatz am ersten Arbeitsmarkt geschaffen worden!

Artikel vom 28.12.2005