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Osthoff-Rückkehr nach Irak offen

Der Sender Al Dschasira lieferte deutsche Interview- Übersetzung

Berlin (dpa). Die deutsche Ex-Geisel Susanne Osthoff hält sich eine Rückkehr in den Irak offen. Nach Verwirrung um die Übersetzung des Interviews der 43-jährigen mit dem arabischen Senders Al-Dschasira lieferte der Sender gestern die deutsche Übersetzung für die Passage über ihre mögliche Rückkehr.
Danach antwortet Osthoff auf die Frage eines Zuschauers, ob sie trotz der Gefahren in den Irak zurückkehren würde: »Ich habe Verständnis für diese Frage, habe sie mir sogar selbst gestellt. Doch, das ist meine Arbeit.«
Ferner führte Osthoff aus: »Die Umstände in den letzten drei Jahren haben sich sehr verschlechtert und erreichten einen Punkt, wo es noch kaum Machbares gab. Ich arbeite im humanitären Bereich und bin mir im Klaren über die Schwierigkeiten. (...) Ich befand, jemand muss hier helfen, denn der Irak ist wie ein Tiger im dunklen Käfig. Die Leute leiden und ich will Ihnen helfen, auf eigene Vertwortung.«
Demnach äußerte sich Osthoff nicht konkret zu einer Rückkehr in den Irak nach ihrer Freilassung als Geisel oder zu einem möglichen Zeitpunkt.
Zu Spekulationen über eine Rückkehr Osthoffs in den Irak und eine mögliche zweite Entführung wollte sich das Auswärtige Amt (AA) nicht äußern. Ein AA-Sprecher stellte aber klar: »Auch künftig gilt natürlich die Fürsorgepflicht des Staates für seine im Ausland in Not geratenen Bürger.« Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) setzt darauf, dass Osthoff ihre Pläne nicht wahrmacht.
Steinmeier hatte am Montagabend erklärt: »Nach intensiven Anstrengungen vieler Beteiligter über drei Wochen, die schließlich zu ihrer Freilassung führten, hätte ich wenig Verständnis, wenn Frau Osthoff sich erneut in eine Gefahrensituation begeben würde.«
Bundestagsabgeordnete der Union und SPD warnten Osthoff vor einer Rückkehr in den Irak. Gerade sie müsste jetzt die Gefahr eines erneuten Aufenthalts in dem Land erkennen, sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Ruprecht Polenz (CDU). Der SPD-Außenexperte Niels Annen nannte eine Entscheidung Osthoffs zur Rückkehr in das Land unvorstellbar. Die Wissenschaftlerin solle die Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes Ernst nehmen. »Denn wenn jemand um deren Berechtigung weiß, dann wird sie das am ehesten sein.«
Grünen-Chefin Claudia Roth betonte dagegen, Osthoff könne für sich selber entscheiden. Der Irak sei seit langem der Lebensmittelpunkt Osthoffs. Warnungen des AA solle sie aber ernst nehmen.
Der SPD-Abgeordnete Lothar Mark warnte, die deutschen Steuerzahler würden Osthoff »kein zweites Mal eine Geiselfreilassung im Irak finanzieren«.
Unterdessen zeigte sich Osthoffs Mutter, Ingrid Hala, verwundert, dass die Regierung keine Projekte mehr finanziell unterstützt, die mit einem Aufenthalt ihrer Tochter im Irak verbunden sind. »Das ist schon seltsam«, sagte sie der »Süddeutschen Zeitung«. Sie vermutet, dass die Regierung damit die Bevölkerung beruhigen wolle.
Sie habe viele Briefe bekommen, in denen das Verhalten ihrer Tochter kritisiert worden sei. Hintergrund der Entscheidung der Regierung ist dem Vernehmen nach, dass keine Projekte gefördert werden sollen, durch die deutsche Staatsbürger gefährdet sein könnten.
Die genauen Umstände der Entführung von Susanne Osthoff sind immer noch unklar. Im Verdacht der Komplizenschaft steht nach wie vor Osthoffs irakischer Fahrer Chalid al Schimani. Er ist bislang verschollen. Osthoff hält sich derzeit vermutlich in einem anderen arabischen Land auf. Seite 4: Hintergrund
und Kommentar

Artikel vom 28.12.2005