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Das Morden geht weiter

In Sudans Krisenregion Darfur bis zu 400 000 Tote

Von Ulrike Koltermann
Nairobi (dpa). Seit Monaten hat keine Hilfsorganisation mehr neue Schätzungen veröffentlicht, wie viele Menschen in Darfur während des Krieges getötet wurden.

Gelegentlich wird ein Angriff der berittenen Milizen auf ein Dorf gemeldet. Trotz massiver Vermittlungsbemühungen vor allem der USA geht es der Bevölkerung in der Krisenregion im Westen Sudans am Ende des dritten Kriegsjahres noch immer nicht besser. Im Gegenteil: Helfer klagen, dass ihnen ihre Arbeit dort durch die unsichere Lage erschwert wird.
»Die Situation in Darfur droht, außer Kontrolle zu geraten«, warnt die »Washington Post«. »Es werden weiterhin Menschen vertrieben, allein 20 000 in den vergangenen Wochen.« Knapp zwei Millionen Menschen hat dieser Konflikt seit Anfang 2003 in die Flucht getrieben.
Die Zahl der Todesopfer schwankt zwischen 180 000 bis 400 000. Die meisten Flüchtlinge leben in Lagern, wo sie von Hilfsorganisationen versorgt werden müssen. Aus Angst vor neuen Angriffen wollen die Menschen die Lager gar nicht mehr verlassen.
Nach Ansicht der Vereinten Nationen stehen Reitermilizen, die für das Brandschatzen verantwortlich sind, in engem Kontakt mit Khartum. Die Regierung wolle mit Hilfe der Milizen einen Aufstand von Rebellengruppen in Darfur niederschlagen, heißt es. Khartum weist jeden Einfluss auf die »Dschandschawid« von sich.
Die afrikanische Friedensmission in Darfur (AMIS) wurde mit viel Lob bedacht, weil sie den Gedanken umsetzte, dass für afrikanische Probleme afrikanische Lösungen gefunden werden sollten. Doch allzu viel Erfolge hat AMIS bislang nicht vorzuweisen. »Wenn wir nicht mehr Geld bekommen, müssen wir unsere Arbeit im März einstellen«, sagte der Vorsitzende des Sicherheitsrates der Afrikanischen Union (AU), Said Djinnit, vor einigen Tagen.
Nach Ansicht von Beobachtern sind 7000 Friedenshüter in einer Region, die so groß ist wie Frankreich, viel zu wenig. »Im Grunde sind wir lahme Enten«, erklärte ein AU-Offizier. Im Oktober hatten Milizen fünf AU-Soldaten erschossen.
Die Hoffnung vieler Menschen richtet sich auf den internationalen Strafgerichtshof, der gegen mutmaßliche Kriegsverbrecher in Darfur ermittelt. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch geht davon aus, dass einige der Schuldigen in Schlüsselpositionen der Regierung zu finden sind. Seite 4: Kommentar

Artikel vom 29.12.2005