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Pörkölt und Palatschinken
Eine Reise nach Budapest lohnt sich - auch wegen des leckeren Essens
Mit dem Gulasch geht's schon los: Wer das ungarische Traditionsgericht unter diesem Namen bestellt, er-hält eine Suppe - und das ist auch richtig so.
Eigentlich müsste man korrekt sogar »Gujasch« sagen, denn so lautet die korrekte Aussprache. Das, was wir uns unter Gulasch vorstellen, heißt in Ungarn »Pörkölt«. Ungarns Küche bietet aber noch mehr: Die Fischsuppe heißt »Halázlé«, das bekannteste Gemüsegericht »Lescó«. Eine Alternative sind die beliebten Rostbraten, aber auch Süßspeisen wie Palatschinken.
Sprachlich kann eine Reise ins Land der Magyaren also durchaus zum Problem werden, denn ungarisch ist eine der schwersten Fremdsprachen überhaupt - und in der Provinz findet man kaum jemanden, mit dem Konversation möglich ist. Da hat man es in Budapest leichter - mit englisch oder deutsch ist einigermaßen durchzukommen.
Zum Beispiel im absoluten Klassiker unter den Restaurants, dem »Gundel ƒtterem« am Eingang des Stadtwäldchens. Es ist bekannt für seine vorzügliche Küche und einen der besten Weinkeller in ganz Ungarn. Die berühmten Gundel-Palatschinken des edlen Traditionshauses sind bereits in die Kochgeschichte eingegangen. Präsidenten, Promis und sogar der Papst haben dort schon gespeist.
Vom »Gundel« aus zur Stadttour starten? Kein Problem, die Ticketautomaten der mehr als 100 Jahre alten U-Bahn sind mehrsprachig. So steht der Erkundung von Ungarns Hauptstadt nichts mehr im Weg.
Vier Liebespaare haben sich eingefunden, um eng umschlungen und schweigend auf die Stadt hinabzuschauen. Die Burg von Budapest ist einer jener stillen Orte der Stadt, wo man Ungarns Metropole in Ruhe genießen kann. Vom Moszkva Tér führt ein Weg hinauf zur Burg.
Oben angekommen, offenbart sich ein grandioser Anblick, den man am besten unweit des Ungarischen Nationalmuseum am südwestlichen Ende des Burgbergs genießt. Hier stören keine Andenkenverkäufer und Bettler. Ein mächtiges Gebäude dominiert den Blick: Das Parlament ist mit seinen 268 Metern Länge und mehr als 700 Räumen das größte der Welt, dennoch wirkt der gewaltige Bau elegant und feingliedrig. Jeder Besucher Budapests, der zuvor schon mal in London war, wird beim Anblick des Parlaments in der Nähe des Kossuth tér an die »Westminster Houses of Parliament« denken. Im gigantischen Kuppelsaal, der 96 Meter in die Höhe ragt, finden die Sitzungen der Nationalversammlung statt, und man kann unter anderem die »Heilige Krone« des letzten ungarischen Königs bewundern.
Nach der Besichtigung lohnt ein Abstecher zum Westbahnhof, dessen schöner Jugendstil-Fassade selbst ein amerikanisches Schnellrestaurant nichts anhaben kann. Auch die Ungarische Staatsoper ist sehenswert und muss den Vergleich mit anderen berühmten europäischen Theaterbauten nicht scheuen.
Wer keine Möglichkeit hat, eine Vorstellung zu besuchen, kann sich am Nachmittag auch fachkundig durch das Neorenaissance-Gebäude führen lassen.
In der Andrassy utca, der Prachtstraße, mit der Budapest seinerzeit Weltflair beweisen wollte, lässt sich in einer Cukrádszda feine Torte und duftender Kaffee genießen. Ganz im Gegensatz zu diesen Zuckerbäckereien gibt es in Kaffeehäusern nämlich traditionell nur kleine Salzmahlzeiten und zum Kaffee das obligatorische Glas Wasser.
Außer im Wohnungsbau hat der Sozialismus noch Spuren im Straßenverkehr hinterlassen. Hier sieht man noch die Trabants, Polski Fiats und Ladas, die von deutschen Straßen schon längst verschwunden sind. Die Ikarus-Busse stammen aus Ungarn, die Straßenbahnen aus der einstigen CSSR und die U-Bahnzüge aus Moskau. Die Budapester Metro war immerhin die erste Untergrundbahn auf dem europäischen Festland, alle drei Linien treffen sich nur am Deák Tér. Von diesem Platz sind es nur ein paar Schritte bis zur Váci utca, der Haupteinkaufsstraße von Peste.
Will man sich nicht an deren Ende in der Konditorei Gerbeaud vom Einkaufsbummel erholen, bietet sich das ebenso berühmte Thermalbad im Gellért-Hotel in Buda an. Budapest ist schließlich die einzige Hauptstadt, die zugleich auch Kurstadt ist. Thomas Albertsen

Artikel vom 31.12.2005