29.12.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

»Siedlungsstadt mit Industriebetrieben«

WESTFALEN-BLATT-Serie, Folge 3: Die Genehmigung zum Bau der Sennestadt wird erteilt

Von Stefanie Westing
Sennestadt (WB). Ein wichtiger Brief, der die frühere Gemeinde Senne II für immer verändern sollte, trudelte heute vor genau 50 Jahren bei Landrat Franz Specht auf den Schreibtisch: Wiederaufbauminister Willy Weyer schickte den endgültigen Bewilligungsbescheid zur Errichtung der Sennestadt.

Damit wurde die erste Hürde zum »Großprojekt Sennestadt« genommen. Keine »Industriestadt«, sondern eine »Siedlungsstadt mit Industriebetrieben« solle das Gebiet werden, betonte Oberkreisdirektor Schütz schon damals.
Die Initiative zum Bau der Sennestadt - dabei handelte es sich um die erste selbstständige Stadtgründung nach dem Zweiten Weltkrieg - war vor allem vom damaligen Landkreis Bielefeld ausgegangen - als notwendige Reaktion auf die drängende Wohnungsnot nach Kriegsende. Die mageren und für die Landwirtschaft unrentablen Senneböden, die gute Trinkwasserversorgung und Möglichkeit der Verkehrsanbindung auch an das überregionale Verkehrsnetz überzeugten sämtliche Verantwortlichen. Und so stimmten Innen- und Finanzminister mit Eintreffen des Bau-Bewilligungsbescheides auch der Aufnahme eines vom Kreistag beschlossenen Darlehns in Höhe von 9,5 Millionen Mark zu. Landrat Specht und Oberkreisdirektor Schütz teilten vor diesem Hintergrund mit, dass bald die Aufschließungsarbeiten zum Bau der Stadt beginnen würden. Das Projekt erstreckte sich zunächst auf die Errichtung von 2000 Wohnungen, die in Bauabschnitten von zweimal 700 und einmal 600 Einheiten des sozialen Wohnungsbaus errichtet werden sollten. Für später waren weitere 1400 Wohnungen geplant. Kaufverträge mit Landbesitzern sollten nach dem Eintreffen des Bewilligungsbescheides bald abgeschlossen werden. Insgesamt ging es zunächst um 200 Hektar Land. Diese 200 Hektar bildeten zwei Drittel des insgesamt benötigten Bodens.
Eventuell werde das Sennestadt-Projekt aus dem Zuständigkeitsbereich der kommunalen Arbeitsgemeinschaft herausgenommen, kündigte Landrat Specht bereits zu diesem Zeitpunkt an. Dann müsse eine neue Trägerorganisation gegründet werden: Der Landkreis Bielefeld habe die Gründung der Sennestadt GmbH mit dem Landkreis Bielefeld, der Gemeinde Senne II und dem Landschaftsverband Westfalen in Erwägung gezogen - bekanntermaßen wurde die Sennestadt GmbH kurz darauf tatsächlich gegründet.
Ein privates Ingenieurbüro sei mit der Ausarbeitung des Projektes bis zum baureifen Entwurf beschäftigt, erklärten Landrat und Stadtdirektor vor einem halben Jahrhundert. Dabei handelte es sich um Dr. Ing. Hans Bernhard Reichow, einen Hamburger Architekten, der den Wettbewerb zum »städtebaulichen Entwurf einer Großsiedlung in der Gemeinde Senne II« gewonnen hatte - und nachfolgend der nahezu gesamten Sennestadt ihr Gesicht gab.
Lesen Sie im vierten Teil der WESTFALEN-BLATT-Serie am 9. Januar: Wilhelm Bunte, langjähriger Bürgermeister von Senne II, starb vor 42 Jahren.

Artikel vom 29.12.2005