23.12.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Wiedersehen nach 45 Jahren

Fritz Pleitgen besucht alten Fußballkameraden im Vlothoer Simeonsstift

Von Angelika Krückemeier (Text) und Oliver Schwabe (Fotos)
Vlotho (WB). Es gibt sie, die kleinen Fußball-Wunder außerhalb der Stadien. Für Kurt Zentner, Mitglied der Jahrhundertelf Arminia Bielefelds, Spielertrainer des legendären SV Ennigloh 09 und seit vier Jahren Bewohner des Altenheimes Simeonsstift in Vlotho, wurde jetzt ein solches Wunder wahr.

Drei Tage vor Heiligabend bekam der 84-Jährige Besuch aus Köln: WDR-Intendant Fritz Pleitgen wollte seinem alten Spielerkameraden ganz persönlich frohe Weihnachten wünschen. »Kurt war ein Klasse-Spieler. Es bedeutet mir sehr viel, ihn nach all den Jahren wiederzusehen«, freute sich Pleitgen bei seinem Besuch in Vlotho. Zur Erinnerung schenkte er dem Freund aus alten Zeiten sein Buch »Durch den wilden Kaukasus« - mit persönlicher Widmung: »Für Kurt Zentner, meinen Fußball-Lehrmeister ...«
1958 hatten beide die Fußballschuhe für den SV Ennigloh 09 geschnürt und ein Jahr später gemeinsam den Aufstieg in die Landesliga gefeiert. Pleitgen, in Bünde aufgewachsen, war damals 20 und Torjäger, Kurt Zentner doppelt so alt, »aber immer noch der Schnellste und der Beste auf dem Platz«. Mit 37 hatte der nur 1,71 Meter große Ausnahmefußballer seine Laufbahn als »Mittelläufer« bei Arminia Bielefeld beendet und war bei Ennigloh 09 eingestiegen.
Das Treffen war zugleich ein Wiedersehen mit vier weiteren 09-Akteuren aus jener Zeit. Auch Norbert Friedrich (65), Friedhelm Mailänder (67), Friedrich-Wilhelm »Fitte« Busch (65) und Zentner-Schwiegersohn Friedhelm Süwer (67) sowie Albrecht Lämmchen als Vertreter des DSC-Vorstandes nahmen an der kleinen Feierstunde im Altenheim des Evangelischen Johanneswerkes teil.
Initiiert hatte das Treffen Horst Gamon. Der Herforder, früher ebenfalls Arminen-Spieler, ist seit vielen Jahren im Freundeskreis alter Arminen aktiv und hatte Kurt Zentner im Sommer erst zu einem Besuch auf die Bielefelder Alm begleitet. Vor wenigen Wochen lud er Fritz Pleitgen nach Vlotho ein, der sich trotz vollen Terminkalenders nicht lange bitten ließ und jetzt sogar eine Neuauflage des Wiedersehens nicht ausschloss.
Der heutige Chef des Westdeutschen Rundfunks war schon einmal in Vlotho. Auch damals, Ende der fünfziger Jahre, war Fußball der Anlass. Eine Begegnung, an die Fritz Pleitgen noch sehr lebendige Erinnerungen hat: »Wir spielten bei Hochwasser auf dem Platz an der Weser gegen Arminia Vlotho. Und die Arminen setzten uns immer stärker unter Druck. Wenn nichts mehr ging, rief Kurt Zentner von hinten ÝJachoÜ - das war unser Code-Wort für Nach-vorn-Spielen. Also schlug ich, um Zeit zu gewinnen, den Ball jedesmal mit einem gewaltigen Schuss in die Weser...«
Etliche dieser Geschichten aus alten Fußballer-Zeiten machten jetzt im Seniorenheim die Runde. Kurt Zentner, an den Rollstuhl gebunden, lauschte ihnen aufmerksam. Auch wenn er sich selbst nicht mehr äußern kann, war ihm die Freude über die Stunden im Kreise alter Kickerfreunde anzumerken.

Artikel vom 23.12.2005