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»Rifle Range«
ist »in festen
Händen«

Tierarztpraxis statt Schießstand

Von Annemargret Ohlig
(Text und Fotos)
Senne (WB). Die »Rifle Range« ist seit vergangener Woche »in festen Händen«. Dr. Hans-Christian Auf dem Hövel, Fachtierarzt für Pferde in Senne, hat einen drei Hektar großen Teilbereich des ehemals britischen Schießstandes vom Bund gekauft. Er will hier unter anderem eine Tierarztpraxis für Pferde und Kleintiere einrichten.

»Der erfolgreiche Kaufabschluss war für mich wie ein vorgezogenes Geburtstags- und Weihnachtsgeschenk«, meint Auf dem Hövel, der vor wenigen Tagen 42 Jahre alt geworden ist. Bereits 1999, als die Engländer beschlossen hatten, das Gelände aufzugeben, machte der Tierarzt den ersten Vorstoß und meldete sein Kaufinteresse beim Bundesvermögensamt an.
Denn Auf dem Hövel, der sich 1997 mit einer so genannten Fahrpraxis für Pferde in Senne selbstständig gemacht hatte, wollte mehr. Zwar ist der Veterinär an die Tierklinik in Beckum angebunden und operiert dort auch zukünftig weiter als »Belegarzt«.
Zusätzlich wollte er aber auch in Senne ein festes Domizil - eine Praxis mit Behandlungsräumen für Groß- und Kleintiere und Boxen für solche Pferde, die einer weiteren Behandlung bedürfen. »Alles was im Stehen möglich ist, soll dort operiert werden.«
Doch nicht nur Auf dem Hövel hatte Interesse an einem Teil des insgesamt zehn Hektar großen Geländes, das vor drei Jahren für rund 600000 Euro saniert wurde. Unter anderem musste der in mehr als fünf Jahrzehnten durch Munition kontaminierte Fangsand und Boden ausgekoffert und als Sondermüll teuer entsorgt werden.
Und es gab weitere Bewerber für die »Rifle Range«. Sportschützen und Jäger meldeten Bedarf an. Sie wollten die Schießstand weiterhin nutzen - zu Ausbildung der Jungjäger und zu Trainingszwecken. Das wiederum rief Anwohner und Reiter auf den Plan. Die einen befürchteten - besonders an Wochenenden - eine erhebliche Lärmbelästigung durch das erhöhte Verkehrsaufkommen der vielen Nutzer der Schießanlage in dem Senner Naherholungsgebiet.
Die Reiter wiederum sorgten sich, dass es zu schwerwiegenden Unfällen kommen könnte. Dann nämlich, wenn Pferde auf dem ausgewiesenen Reitweg entlang der Rifle Range durch Schüsse in der Anlage aufgeschreckt und in Panik ihrem natürlichen Fluchtverhalten folgen würden. Bei der Stadt, die für das Bundesvermögensamt als Planungsträger fungiert, war man sich aber bald einig, dass für das Areal nur eine Nutzung in Frage kommt, die in Einklang mit dem Landschafts- und Wasserschutz steht und auch mit dem dort vorhandenen Reitsport verträglich ist.
Nicht weit entfernt von der »Rifle Range« gibt es mit dem Gelände des Bielefelder Reit- und Fahr-Clubs sowie mit dem Pferdehof Wilhelm Vogel gleich zwei seit Jahrzehnten vorhandene Reitsportanlagen. »Baudezernent Gregor Moss hat uns mit seiner positiven Einschätzung unseres Vorhabens sehr geholfen«, meint der Fachtierarzt, dankbar für die städtische Unterstützung. »Ohne ihn wären wir nicht da, wo wir jetzt sind.«
»Dennoch war es ein langer Prozess«, schildert Ehefrau Annette Auf dem Hövel (36) die Schwierigkeiten der vergangenen sechs Jahre. »Wir haben in dieser Zeit etliche andere Angebote geprüft - doch immer hat es sich zerschlagen.« Als jedoch 2004 die von ihnen gestellte Bauvoranfrage positiv von der Stadt beantwortet wurde, sah das Ehepaar Licht am Ende des Tunnels. »Den Bauantrag haben wir im November gestellt. Sobald er bewilligt ist, beginnen wir mit dem Baumaßnahmen. Das nächste Weihnachtsfest wollen wir hier feiern«, haben sich die Auf dem Hövels fest vorgenommen.
Denn außer den Kliniken für Pferde sowie für Kleintiere soll auch das Wohnhaus von Annette und Dr. Hans-Christian Auf dem Hövel sowie Sohn Mark Philip (2) auf dem Gelände entstehen. »Wir dürfen allerdings nur in den vorhandenen Grundrissen und unter strikten Vorgaben - ohne eine weitere Versiegelung der Fläche - umbauen«, erklärt der Tierarzt.
So wird ein 30 Meter langes und eingeschossiges ehemaliges Lagergebäude zum Wohnhaus umfunktioniert. Die Pferdepraxis samt Behandlungsraum und vier Boxen entsteht in dem Gebäude, das sich im rechten Winkel linkerseits zum Wohnhaus befindet. Das anderthalbgeschossigen Gebäude rechterseits wird ebenfalls entsprechend umgebaut, um die Kleintierklinik, das Büro sowie die Apotheke aufzunehmen.
Für die übrigen sieben Hektar der »Rifle Range« einen Käufer zu finden, wird für den Bund nicht ganz einfach sein. Es käme nur eine land- oder forstwirtschaftliche Nutzung infrage.
Dr. Hans-Christian Auf dem Hövel hat in Hannover Tiermedizin studiert und dort auch promoviert. Im englischen Newmarket, dem Zentrum des Galopprennsports, hat er während seines Praktikumssemesters gearbeitet. Spezielle Kenntnisse der Orthopädie erwarb Auf dem Hövel anschließend im Bochum bei Dr. Cronau. Außerdem war er in der Tierklinik Dupré in Cuxhaven sowie in Hamburg bei Dr. Almelung und anschließend in einer Gemeinschaftspraxis in Halle/Westfalen tätig, bevor er sich als Fachtierarzt für Pferde selbstständig machte.

Artikel vom 27.12.2005