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Susanne Osthoff verdächtigt ihren Fahrer

Auch sunnitischer Scheich seit der Entführung verschwunden - Neun Mal in anderes Versteck

Berlin (Reuters). Das irakische Umfeld von Susanne Osthoff ist möglicherweise in die Entführung der Deutschen verstrickt. Osthoff verdächtige ihren Fahrer Chalid Nadschi al-Schiman und einen sunnitischen Scheich namens Dschamal al-Duleimi, der den Fahrer besorgt habe.
Das berichtet das Nachrichtenmagazin »Der Spiegel« unter Berufung auf Kreise des Krisenstabes und der Ermittler. Beide seien seit der Entführung verschwunden. Verärgert hätten sich die deutschen Vermittler über die Amerikaner geäußert, die im Irak über die meisten Geheimdienst-Erkenntnisse verfügten, aber wesentlich weniger geliefert hätten als Franzosen, Briten und Italiener.
Osthoff habe erzählt, dass sie neun Mal in ein anderes Versteck in und um Bagdad gebracht worden sei, berichtete das Magazin. Zwei Kontakte hätten den Ermittlern über korrekt beantwortete Fragen aus Osthoffs Privatleben schließlich Lebenszeichen gebracht: Ein Araber, der sich nur telefonisch gemeldet habe, und ein Scheich namens Chut, über den die Freilassung am Ende zu Stande gekommen sei.
Unklar sei weiter, wie viel Lösegeld gezahlt worden sei. Möglicherweise hätten Freunde Osthoffs aus Deutschland mitgezahlt. Osthoff selbst habe nach ihrer Freilassung einen schwer angeschlagenen Eindruck gemacht und sei nur körperlich in guter Verfassung gewesen. Andererseits müsse sie den Entführern »mit ihrem Mundwerk« ziemlich auf die Nerven gegangen sein. »Sie hat in der Geiselhaft abgekriegt, aber auch ausgeteilt«, zitierte der »Spiegel« eine Äußerung aus deutschen Sicherheitskreisen.
Nach einem Bericht des Magazins »Focus« war Osthoff bei ihrer Ankunft in der deutschen Botschaft in Bagdad schwer traumatisiert. Sie habe schwer unter ihrer dreiwöchigen Entführung im Irak gelitten. In der Gefangenschaft hätten die Entführer der Aufbauhelferin stark zugesetzt. Am Sonntag hatten laut »Focus« irakische Mittelsmänner die Geisel der deutschen Botschaft in Bagdad übergeben.
Sehr zupass sei den Deutschen gekommen, dass der irakische Innenminister am 6. Dezember eine klägliche Schulung seiner Polizeibeamten durch deutsche Sicherheitsexperten kritisiert habe, berichtete »Focus« weiter. Der Minister habe angekündigt, künftig auf die deutsche Hilfe zu verzichten und Ausschau nach »seriöseren Ausbildungsprogrammen« zu halten. Damit sei eine der Hauptforderungen der Entführer erfüllt gewesen, ohne dass Deutschland in den Ruch der Erpressbarkeit geraten sei. Leitartikel

Artikel vom 23.12.2005