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Bürokratie belastet Firmen

28 Vorschläge für den Abbau -Êjährlich 46 Milliarden Euro Kosten

Von Bernhard Hertlein
Berlin/Bielefeld (WB). Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) hat der Bundesregierung einen Katalog von 28 Forderungen zum Bürokratieabbau vorgelegt. Die Umsetzung würde der Wirtschaft Ausgaben von mehr als elf Milliarden Euro ersparen.

Insgesamt, so hat der DIHK nach Aussage seines Hauptgeschäftsführers Martin Wansleben errechnet, entstehen den Unternehmen jährliche Bürokratiekosten in Höhe von 46 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Das ist beispielsweise das 2,7-fache des gesamten Bertelsmann-Umsatzes 2004. Andere Schätzungen, wie sie etwa kürzlich der saarländische Ministerpräsident Peter Müller in Bielefeld anstellte, gehen sogar bis 80 Milliarden Euro.
Konkret fordert die Dachorganisation der Industrie- und Handelskammern, dass Finanzämter ihre Betriebsprüfungen spätestens fünf Jahre nach dem Veranlagungsjahr durchführen. In diesem Fall würde die teure Aufbewahrungspflicht für Belege ebenfalls auf fünf Jahre reduziert. Existenzgründer sollen ihre Umsatzsteuer-Voranmeldung nicht monatlich, sondern nur vierteljährlich abgeben müssen. Auch soll die Grenze für Kleinbetragsrechnungen von 100 auf 200 Euro angehoben werden.
Auf dem Gebiet des Arbeits- und Sozialrechts enthält die DIHK-Liste auch konkrete politische Forderungen wie etwa eine Einschränkung des Rechtsanspruchs auf Teilzeitarbeit und des Kündigungsschutzes. Die um einen Monat vorgezogene Einziehung der Sozialversicherungsbeiträge sei rückgängig zu machen.
Im Bereich Bildung fordert der DIHK die Begrenzung der Ausbildungsverordnungen für die duale Berufsausbildung auf zehn Seiten. Jugendliche sollten bis 23 Uhr arbeiten dürfen -Êeine Anregung, die möglicherweise um die Forderung der OWL-Initiative für Bürokratieabbau, Jugendliche auch samstags arbeiten zu lassen, ergänzt werden kann.
Auf starke Zustimmung stößt bei Jürgen Heinrich, dem Projektkoordinator der OWL-Initiative, der DIHK-Vorschlag, die Erlaubnispflicht für das Betreiben einer Gaststätte abzuschaffen: »Es reicht, wenn der Betrieb etwa von der Lebensmittelüberwachung kontrolliert wird.«
Vier Forderungen betreffen das Umweltrecht, eine den Außenhandel: Anträge auf Exportkontrollen sollen innerhalb von sechs Wochen entschieden sein. Auf dem Feld des Gewerberechts setzt sich der Verband für die vollständige Freigabe der Ladenöffnungszeiten ein. Dass auch Statistik Geld kostet, zeigt sich an dem Vorschlag, dass kleine Unternehmen nur an maximal drei Stichproben-Erhebungen jährlich beteiligt werden sollen.
Heinrich begrüßte die Forderungen, die sich teils mit den OWL-Vorschlägen deckten und sie teils abrundeten. Seit Juli 2005 befinde sich die in Ostwestfalen-Lippe erstellte Liste von 20 Ideen für Bürokratieabbau im Bundeswirtschaftsministerium. Als nächster Schritt werde vermutlich ein Erörterungstermin anberaumt. Die Umsetzung werde vermutlich nicht vor der zweiten Hälfte 2006 erfolgen. Heinrich: »Gesetze kann man nur durch Gesetze ändern. Und das braucht seine Zeit.« Seite 4: Kommentar

Artikel vom 23.12.2005