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Es trifft die Hilfsbedürftigen

AWO-Frauenhaus von geplanten Kürzungen des Landes NRW betroffen

Bielefeld (uj). Das Frauenhaus der Arbeiter Wohlfahrt (AWO) ist von geplanten Kürzungen des Landes NRW betroffen. Der angekündigte Wegfall von 36 080 Euro zum 1. Januar 2006 entspricht 30 Prozent des Zuschusses im Vergleich zum Vorjahr. »Konkret heißt das, dass wir eine Personalstelle abbauen müssen«, erklärte Rolf Potschies, Geschäftsführer des AWO Kreisverbandes, gestern gegenüber der Presse.

Mit seinen 20 Frauenplätzen, einem Notplatz sowie 34 Kinderplätzen gehört das Bielefelder Haus seit mehr als 25 Jahren zu einem der größten in NRW. »Es ist ein wichtiger und unverzichtbarer Bestandteil der sozialen Infrastruktur zum Schutz von Frauen und deren Kinder vor körperlicher und seelischer Gewalt«, verdeutlicht Potschies. Für rund 176 und 180 Kinder jährlich bietet es einen Zufluchtsort in einer dramatischen, teilweise lebensbedrohlichen Notsituation.
Für Potschies ist es unbegreiflich, dass Kürzungen zu Lasten von hilfesuchenden, misshandelten Frauen und deren Kinder gehen. »Es entspricht darüber hinaus in keiner Weise den Aussagen der CDU/FDP-Landesregierung, wie sie in den Koalitionsvereinbarungen öffentlich verkündet wurden«, sagt Rolf Potschies.
Im Vergleich zu anderen Frauenhäusern seien die Bielefelder Mitarbeiter ohnehin schon stark belastet, betont Karin Boye Toledo, Leiterin des Frauenhauses. Denn ganz egal, ob eine Einrichtung über acht (Mindestzahl) oder 20 (Maximum) Frauenplätze verfügt, der Personalbestand bleibt laut Aussage von Boye Toledo immer gleich.
Durch die Einsparung einer Stelle werde sich die Qualität und Betreuungsleistung deutlich verschlechtern, so die Leiterin. Krisenintervention und 24 Stunden-Bereitschaft bei der Aufnahme seien nur noch eingeschränkt möglich. Ebenso zurückgefahren werde das Begleitangebot für Frauen in krisenbehafteten Lebenssituationen sowie die nachgehende Beratung.
»Es trifft nicht nur die Frauen, sondern auch deren Kinder«, unterstreicht Richildis Wälter, Referentin für Frauenarbeit. Betroffen seien häufig junge Frauen: Ein Drittel der Schutzsuchenden ist zwischen 19 und 25 Jahren alt. Darunter viele mit Migrationshintergrund. Sie finden im Frauenhaus nicht nur Schutz vor Gewalt oder Gewaltandrohung, sondern auch Unterstützung in Verwaltungsangelegenheiten, Hilfe durch Dolmetscher, Rechtsanwälte, Ärzte und Polizei sowie Begleitung bei der Entwicklung eigener Lebensperspektiven.
Die durchschnittliche Verweildauer beträgt drei Monate. Die Auslastung des Bielefelder Hauses liegt bei 95 Prozent. »Es kommt aber immer wieder auch vor, dass wir Frauen abweisen mussten, weil wir ausgebucht waren«, sagt Karin Boye Toledo. Derzeit nutzen 18 Frauen das Angebot. Zu den Feiertagen wird's erwartungsgemäß wieder voll.

Artikel vom 23.12.2005