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Kindstötung: Urteil ist nun rechtskräftig

Mutter hat Revision zurückgenommen

Bielefeld (uko). Der spektakulärste Prozess des Jahres 2005 wird keine Fortsetzung mehr haben: Die 23-jährige Bielefelderin Simone K., die ihr eigenes Kind getötet hat, hat auf eine Anfechtung des Urteils gegen sie verzichtet. Die Frau war vom Schwurgericht des Landgerichts Bielefeld zu siebeneinhalb Jahren Haft und zur Unterbringung in der Psychiatrie verurteilt worden.
»Fassungslos« standen alle Prozessbeteiligten vor dem Trümmerhaufen einer verheerenden Familiengeschichte: Am 25. Juli 2004 hatte Simone K. den damals erst 22 Monate jungen Sohn Manuel erstickt.
In elenden Verhältnissen hatte die Großfamilie K. in einem Ubbedisser Gewerbegebiet gehaust: Nachdem ihr Haus wenige Tage vor dem schrecklichen Tod des Kleinkindes abgebrannt war, zogen die sechs Erwachsenen und sechs Kinder in zwei Wohnwagen auf dem Areal. Besonders erniedrigend: Dirk K., Ehemann der jetzigen Angeklagten, vegetierte sogar in einer Bretterbude.
Schon die anderen beiden Söhne von Simone K. waren in jenen Tagen wegen ungeklärter Krankheitsbilder in der Bielefelder Kinderklinik behandelt worden, als am 25. Juli 2004 erneut ein Notarzt zu der Familie gerufen wurde: Simone K. hatte den kleinen Manuel nach eigenen Angaben leblos in seinem Bettchen gefunden. Der Junge wurde wiederbelebt, starb aber zwei Tage später im Krankenhaus.
Im Dezember 2004 wurde Simone K. schließlich inhaftiert. Staatsanwalt Christoph Mackel ermittelte gegen die Mutter wegen des Verdachts des Totschlags. Intensive Untersuchungen der Münsteraner Rechtsmediziner hatten nur eine Todesursache bewiesen: Manuel war mit einem Kissen oder einem anderen weichen Gegenstand erstickt worden. Aus diesem Beweis und der objektiven Tatsache, dass allein Simone K. sich an jenem Abend um ihr Kind gekümmert hatte, schlossen auch die Richter des Schwurgerichts die Täterschaft der Mutter. Kammervorsitzende Jutta Albert: »Ein unbekannter Dritter als Täter scheidet aus.« Das Gelände war rundum eingezäunt, ungezählte Hunde bewachten das Grundstück.
Simone K. wurde folglich wegen Totschlags bestraft, jedoch auch in der Psychiatrie untergebracht. Sie leidet unter dem Borderline-Syndrom, das Gericht hielt sie für nur eingeschränkt schuldfähig.
Nicht auszuschließen sei, das sie weitere Taten begehe - wenn sie nicht therapiert werde, erneut einen Partner und dann weitere Kinder habe. Die Geschwister des getöteten Jungen leben inzwischen in Pflegefamilien, sie sind wohlauf und gesund.
Detlev Binder, der Anwalt der Mutter, legte seinerzeit umgehend die Revision gegen das Urteil ein. Simone K. zog dieses Rechtsmittel aber vor wenigen Wochen zurück.

Artikel vom 21.12.2005