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Senioren-WG
hat noch drei
Zimmer frei

Neue Wohnform in Stieghorst

Von Elke Wemhöner
und Hans-Werner Büscher (Fotos)
Stieghorst (WB). Wenn Ruth Sewing (80) und Grete Räker (83) gemütlich im Wohnzimmer auf dem Sofa sitzen, sind sie - fast - wunschlos glücklich. Denn zwei oder sogar drei weitere Mitbewohnerinnen könnte die Senioren-WG an der Grünberger Straße gut gebrauchen.

Die beiden Damen wohnen seit Oktober gemeinsam in einer geräumigen Doppelhaushälfte in Sichtweite des Wohnstift Salzburg. Und diese Einrichtung ist auch Träger der neuen Wohnform in Stieghorst. Die Idee: ältere Menschen, die Hilfestellung benötigen, nutzen ein Haus, das Gemeinschaftsräume (Wohn- und Esszimmer, Küche, Badezimmer) bietet und gleichzeitig jedem sein eigenes privates Reich lässt. Die Bewohner sind Mieter, die von einer hauswirtschaftlichen Mitarbeiterin fünf Tage in der Woche betreut werden. Deren Anwesenheit, die Verpflegung, Wäschepflege und die Reinigung der Wohnung sind neben Wasser, Strom und Heizung im Mietpreis enthalten. Ein Treppenlift wird im Frühjahr 2006 noch eingebaut.
»Drei Zimmer sind noch frei«, sagt Gabriele Haubrok, die Pflegedienstleiterin. Der große, 23 Quadratmeter große Raum in 1. Stock könnte als kombiniertes Wohn-/Schlafzimmer (monatliche Miete 900 Euro) genutzt werden. Die beiden weiteren Räume sind kleiner und stehen im »Doppelpack« oder einzeln (Monatsmiete 740 Euro) zur Verfügung. Nicht enthalten in der Miete sind Pflege, Rufbereitschaft, Gebühren für Telefon und Fernsehen. Desorientierte Damen kommen als Mieterinnen nicht in Frage.
Ruth Sewing hatte im Frühsommer in der Zeitung eine Annonce über das neue Angebot in Stieghorst gelesen und ihren Sohn »vorgeschickt«. Der kam mit positiven Eindrücken in ihre Wohnung in Sieker zurück. Aufgrund ihrer Atembeschwerden suchte die 80-Jährige sich die beiden kleinen Räume im Erdgeschoss aus. Hier ist sie nah dran am Geschehen, hat nur wenige Schritte in die Küche oder ins Gemeinschafts-Wohnzimmer. »In ein Heim möchte ich nicht. Und hier bin ich nicht allein und kann trotzdem für mich sein.«
Für Grete Räker war der Schwiegersohn auf der Suche nach einer neuen Bleibe, denn das Haus in Oldentrup wird verkauft. An der Grünberger Straße hat sich die 83-Jährige schnell eingewöhnt, packt in der Küche mit an und kann sich andererseits ausruhen, wenn sie sich nicht so gut fühlte. Silke Bartelheim, für die Betreuung der WG zuständig, bespricht den Speiseplan, kocht (zumeist mit Unterstützung), hilft den Damen bei der Wäsche, kauft ein, organisiert Friseur- oder Arztbesuche. »Die Bewohnerinnen sollen solange wie möglich selbständig bleiben, ich gehe ihnen zur Hand.« Und am Wochenende gehen die beiden Damen zum Mittagessen in das benachbarte Wohnstift.
Die Liste der Vorzüge ist noch länger: »Man kann hier wunderbar spazierengehen, ist in zehn Minuten am Supermarkt und noch schneller an der Stadtbahnhaltestellen«, erzählt Ruth Sewing. Sie fände es schön, wenn sie Nachbarinnen bekäme, die gerne spielen: Rommee, Kniffel oder »Mensch ärger Dich nicht«. Und Grete Räker würde sich über weitere Gesprächspartnerinnen freuen.

Artikel vom 22.12.2005