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Der beste Neuling

Paderborner Macht: Zuhause trifft keiner öfter

Von Matthias Reichstein
Paderborn (WB). Ein Satz und eine Zahl brachten das Paderborner Fußballglück am Montagabend auf den Punkt. »Jetzt bleiben wir drin«, freute sich Präsident Wilfried Finke nach dem 2:0 (0:0)-Heimsieg über den Karlsruher SC. »Jetzt sind es 65 Prozent«, gab Pressesprecher Matthias Hack die Strecke des Weges an, die der SCP in Richtung Ligaerhalt bereits hinter sich hat.

Als bester Neuling geht der SC Paderborn 07 in die Winterpause und hat dazu noch eine besondere Hinrunden-Marke aufgestellt: 22 Tore in neun Heimspielen - kein anderer Zweitligaklub hat öfter getroffen. Tore, die für 19 Punkte reichten. Das ist Platz drei in der Zweitliga-Heimbilanz und damit auch ein Aufstiegsplatz.
Ein Zahlenspiel, das beeindruckt. Vor allem, wenn man das Tempo berücksichtigt, mit dem Trainer Jos Luhukay aus einem Kader mit elf Ab- und elf Zugängen eine Elf zusammen stellte, die als Neuling die Liga auf den Kopf stellte: Der Abstiegskandidat belegte zwischendurch sogar einen Aufstiegsplatz. Fakten, die nicht ohne Folgen blieben: »Dass Paderborn eine sehr spielstarke Mannschaft hat, ist mittlerweile überall angekommen, schließlich haben wir es hier nicht mit einer Eintagsfliege zu tun«, wollte KSC-Trainer Edmund Becker eine Entschuldigung für die nicht zweitliga-taugliche Vorstellung seiner Auswahl nicht gelten lassen: »Paderborn unterschätzt niemand mehr.«
Hohes Engagement, große Laufbereitschaft und ein unglaublicher Kampfgeist - Tugenden, die den Tabellenachten in fast allen Spielen der Hinrunde auszeichneten. Das konnte am Montag auch ein Millionen-Publikum im DSF live verfolgen. Die Mannschaft um Kapitän René Müller bot einen kurzweiligen Fußballabend, an dem aber auch das größte Manko deutlich wurde: die Chancenverwertung. »Der Sieg ist zu niedrig ausgefallen«, monierte auch Luhukay. Ein halbes Dutzend bester Möglichkeiten wurde nicht genutzt, nur blieb das - anders als in Aachen, gegen Burghausen und in Aue - diesmal ohne Folgen.
Dass es trotzdem ein souveräner Erfolg war, lag einmal mehr an Paderborns starker Defensive. Die fängt bereits bei der Spitze René Müller an, der sich auch in Minute 80 nicht zu schade war, am eigenen Strafraum einen verlorenen Ball zurück zu holen. Im defensiven Mittelfeld ist Stephan Maaß Abfangjäger Nummer 1. Sein Nebenmann hieß bis zum Kreuzbandriss Thorsten Becker, seitdem wechseln sich die beiden Youngster Marc Gouiffe à Goufan (21) und Daniel Brinkmann (19) auf der Position ab. Der Schlüssel zum Erfolg ist aber die Viererkette. Zwei überragende Außenverteidiger (Garry de Graef und David Fall) sowie die langen Roel Brouwers und Markus Bollmann in der Zentrale räumen alles ab, den Rest hält Lukas Kruse im Tor.
Und noch ein paar Zahlen, die imponieren. Die siegenden Paderborner waren Montagabend im Schnitt 25,5 Jahre alt, außerdem standen nur noch fünf Spieler in der Start-Elf, die im Sommer den Aufstieg schafften. Ein Beleg für die gelungene Einkaufspolitik.
»Bei jedem Neuen wussten wir, dass er auch viel Qualität mitbringt«, betont der Trainer. Über sich selbst redet Jos Luhukay eher selten, das Schlusswort hat deshalb ein Spieler. »Dieser Trainer ist einfach sensationell«, beschreibt Markus Bollmann den kleinen Mann auf der SCP-Bank.

Artikel vom 21.12.2005