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Dem Alarmtheater bricht die finanzielle Säule weg

Zukunft und Existenz der Einrichtung sind in Gefahr


Von Uta Jostwerner (Text)
und Carsten Borgmeier (Foto)
Bielefeld (WB). Verkehrte Welt: Der Betrieb ist gesund, setzt jährlich 200 000 Euro um, ist innovativ, mit soziokulturellem Sendungsbewusstsein unterwegs und wird vom Publikum gut angenommen. Doch durch die unerwartete Absage von Projektfördermitteln in Höhe von 45 000 Euro gerät die Existenz des Alarmtheaters in Gefahr. »Es fehlt die Basis, um das Theater durch das Jahr zu bringen«, haben Dietlind Budde und Harald Otto Schmid gestern auf die prekäre Situation des vor zwölf Jahren von ihnen gegründeten freien Theaters aufmerksam gemacht.
Beantragt war das Geld für ein multimediales Projekt mit Senioren sowie ein Theaterprojekt mit ehemals Drogenabhängigen. Doch die Stiftung des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes als auch das Land NRW sehen sich derzeit außer Stande, Fördermittel für die angedachten Projekte zu vergeben.
Erschwerend kommt hinzu, dass das Alarmtheater bereits zugesagte, projektgebundene Fördermittel nicht abrufen kann und die eingeplanten Eintrittsgelder wegfallen. »Sechs bis acht Arbeitsplätze sind in Gefahr, wenn bis Mitte Januar keine Lösung gefunden wurde«, werben Budde und Schmid für eine vorübergehende Unterstützung. »Der Betrieb läuft ja, was uns jetzt fehlt, ist Planungssicherheit.«
Inwieweit die Politik in der Lage ist - geführt wurden Gespräche auf kommunaler sowie Landesebene - , dem Theater aus der Misere zu helfen, auch darin besteht noch Unklarheit. Derzeit beträgt der städtische Zuschuss 2300 Euro pro Jahr. Gleichwohl setzen Budde und Schmid große Hoffnungen in die Politik, glauben sie aufgrund zahlreicher sozialer Projekte doch gute Ausgangschancen mitzubringen.
Denn neben drei- bis vier Theaterproduktionen für Kinder- und Jugendliche sowie spektakulären Straßentheaterinszenierungen erwarb das Alarmtheater auch überregional einen hervorragenden Ruf durch seine Projekte zur Sucht- und Gewaltprävention. Theaterprojekte mit Gefängnisinsassen oder ehemaligen Drogenabhängigen festigten das Ansehen. Zuletzt plante die Fakultät Gesundheitswissenschaften der Universität Bielefeld eine wissenschaftliche Bewertung des Drogenprojekts. Doch daraus wird vorerst nichts.
Das erst im Herbst gestartete und auf ein Jahr angelegte Qualifizierungsprojekt für arbeitslose Jugendliche soll indes so lange es geht fortgesetzt werden. Budde: »Wir lassen die Jugendproduktion nicht im Stich.« Dennoch bleibt die drängende Frage, wie es mit dem Haus, das Theater stets als gesellschaftlich relevante Arbeit begriffen hat, weitergehen soll.

Artikel vom 20.12.2005