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Ermittler flogen die
Helios-Todesroute nach

Drama am Himmel inzwischen zu 90 Prozent aufgeklärt

Nikosia/Athen (dpa). Vier Monate nach dem Absturz einer zyprischen Helios-Maschine haben Ermittler und Techniker den Geisterflug rekonstruiert. 121 Menschen fanden damals den Tod.

Eine Maschine vom gleichen Typ - eine Boeing 737-300 - startete gestern vom zyprischen Flughafen Larnaka und flog auf der gleichen Route nach Athen. Chefermittler Akrivos Tsolakis, selbst Pilot, saß dabei im Cockpit.
Die Flugnummer lautete »OA 121« gemäß der Zahl der Absturz-Opfer. An Bord waren gestern etwa 15 Mitglieder der Untersuchungskommission, Techniker und ein Staatsanwalt. Die Helios-Maschine war am 14. August nahe Athen abgestürzt.
Tsolakis sagte, es habe damals schon beim Start keinen Druckausgleich in der Chartermaschine gegeben. Techniker hätten am Vortag bei einer Überprüfung den Hebel für die Luftdruckkontrolle auf manuell statt auf automatisch gestellt, und die Piloten hätten es vor dem Abflug versäumt, dies zu korrigieren. Schon wenige Minuten nach dem Start seien alle Menschen an Bord wegen des akuten Sauerstoffmangels ohnmächtig geworden.
Das Drama sei inzwischen »zu 90 Prozent« aufgeklärt: »Wir wissen, dass die Piloten, das Begleitpersonal sowie die Insassen während des größten Teils des Fluges ohnmächtig waren«, sagte der Chefermittler. Die Ermittlungen sollen im Februar abgeschlossen werden.
Die Maschine flog - so die Rekonstruktion - mit dem Autopiloten bis nach Athen weiter. Nach Verbrauch des Treibstoffs stürzte das Flugzeug etwa zehn Kilometer nordöstlich des Athener Flughafens ab.
Zwei Kampfbomber der griechischen Luftwaffe hatten damals diese letzte Phase des Todesfluges aus nächster Nähe verfolgt. Auch gestern stieg nach Angaben des staatlichen Fernsehens eine Maschine der griechischen Luftwaffe auf.
Im August hatten die Luftwaffen Piloten einen Steward im Cockpit gesehen. Nach Verlassen der Flughöhe sei er bei steigendem Luftdruck wieder zu sich gekommen und habe vergeblich versucht, die Maschine zu lenken. »Davon gehen wir aus«, sagte Tsolakis. Dies ergebe sich aus den Aufnahmen des Cockpit-Stimmen-Rekorders. Das Gerät nahm in den letzten Minuten die Stimme eines Mannes auf, der wiederholt das internationale Notsignal »Mayday-Mayday« und zum Schluss »Ich kann nicht«, sagte.
Die Luftsicherung in Athen war seinerzeit zunächst von einer Entführung ausgegangen, da die ohnmächtigen Piloten keinen Funkkontakt aufnehmen konnten. Ihr Funkgerät war auf der Frequenz von Nikosia geblieben und konnte nicht von den Fluglotsen in Athen gehört werden.
Dies ergab die Auswertung des Stimmenrekorders der Unglücksmaschine. Er hatte Gespräche von anderen Piloten aufgenommen, die in der Süd-Ägäis in Richtung Zypern flogen und Kontakt mit der Flugsicherung in Nikosia aufnahmen.

Artikel vom 20.12.2005