20.12.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Bush lehnt Abzug aus Irak ab

Der US-Präsident wirbt um Unterstützung für seine Politik

Washington (dpa/Reuters). US-Präsident George W. Bush hat einen amerikanischen Abzug aus dem Irak ausgeschlossen. George W. Bush: »Lassen die Iraker nicht im Stich.«

Der Irak-Krieg habe sich zwar schwieriger entwickelt als erwartet, aber er werde und könne nur mit einem Sieg der USA und ihrer Verbündeten und einer funktionierenden Demokratie im Irak enden, betonte Bush in Washington. Die eindringliche Ansprache des Präsidenten an die Nation wurde von den großen US-Fernsehsendern aus dem Oval Office des Weißen Hauses zur Hauptsendezeit übertragen. Es war die erste Direktübertragung einer Bush-Rede aus dem Präsidenten-Büro seit März 2003, als Bush seinen Landsleuten den Irakkrieg begründete.
»Wir würden unsere irakischen Freunde im Stich lassen und der Welt signalisieren, dass man den Worten Amerikas nicht trauen darf«, sagte Bush in seiner 16-minütigen Rede zur Begründung für die Fortsetzung des Krieges.
Irak würde bei einem Abzug in die Hände der Feinde der USA fallen, »die sich verpflichtet haben, uns anzugreifen«, sagte Bush. Der internationale Terrorismus würde ermutigt »und gefährlicher als jemals zuvor sein«.
»Die Aufgabe im Irak war sehr schwer, schwerer als wir erwartet hatten«, gestand Bush ein. Auch der Wiederaufbau im Land und das Training der irakischen Truppen gehe langsamer voran als gedacht. Dennoch gebe es im Irak eine positive Entwicklung, meinte Bush.
»Gebt euch nicht der Verzweiflung hin und gebt nicht auf im Kampf für die Freiheit«, beschwor Bush die Amerikaner. Die jüngste Wahl im Irak werde zwar nicht ein Ende der Gewalt bringen. »Aber es ist der Beginn von etwas neuem: einer konstitutionellen Demokratie im Herzen des Nahen Ostens«. Dies bedeute auch, dass die USA »einen Alliierten mit wachsender Stärke im Kampf gegen den Terrorismus haben«. Der Irak werde »als Modell für Freiheit im Nahen Osten dienen«, sagte der Präsident.
Bush wandte sich gegen jene in den USA, die glaubten, der Krieg im Irak sei verloren und »keinen Cent mehr wert«, ihn weiter zu führen. »Ich glaube das nicht, unsere Militär-Kommandeure glauben das nicht und unsere Truppen, die auf dem Schlachtfeld die Bürde tragen und die Opfer bringen, glauben das nicht«, so Bush. Nicht einmal die Terroristen glaubten an eine Niederlage der US-geführten Koalition. Ihre interne Kommunikation lasse darauf schließen, dass sie sich zunehmend umzingelt fühlten und das Blühen der Demokratie fürchteten.
In den USA ist die Kritik an dem Krieg nicht nur wegen der fragwürdigen Begründung - angeblichen irakischen Massenvernichtungswaffen und angeblichen Verbindungen des Irak unter Saddam Hussein zur Terrororganisation El Kaida - in den letzten Monaten heftiger geworden.
Oppositionelle Demokraten kritisierten die Rede meist als wenig richtungweisend. »Es war eine erneute Rechtfertigung des Krieges«, sagte die kalifornische Senatorin Dianne Feinstein. »Bush habe allerdings nicht darüber gesprochen, was wir tun müssen, um den Krieg zu gewinnen«.
Im neuen irakischen Parlament werden nach vorläufigen Wahlergebnissen erstmals auch die Parteien der arabischen Sunniten vertreten sein. Damit wird eine Fraktion im Parlament sitzen, die mit dem bewaffneten Widerstand gegen die US Truppen sympathisiert. Größte Fraktion wird jedoch wahrscheinlich erneut die Allianz der religiösen schiitischen Parteien bilden, die schon jetzt die Übergangsregierung dominiert. Das geht aus den vorläufigen Wahlergebnissen aus 11 von insgesamt 18 Provinzen hervor, die die Wahlkommission gestern in Bagdad bekannt gab.

Artikel vom 20.12.2005