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Trainer-Schlussverkauf:
Acht sind schon weg

Die Fußball-Bundesliga und ihr neuer Hinrundenrekord

Von Friedrich-Wilhelm Kröger
Bielefeld (WB). Wer könnte jetzt noch in Frage kommen? Im Trainer-Schlussverkauf hat die Bundesliga schon acht Mann entsorgt. Zumindest in diesem Einzelhandel blüht das Geschäft. Nie flogen in der Hinrunde mehr Fußball-Lehrer.

Die Liste der Entlassenen umfasst die Herren Augenthaler (Leverkusen), Fach (Wolfsburg), Henke (Kaiserslautern), Lienen (Hannover), Meier (Duisburg), Rangnick (Schalke), Rapolder (Köln) und Wolf (Nürnberg). Säuberlich nach Alphabet geordnet, man will ja niemandem zu nahe treten.
Zu wenig Erfolg bleibt die bevorzugte Begründung. Allerdings sind in dieser Saison auch zwei Neuerungen zu beobachten, die den Anlass zum Austausch lieferten. In Schalke setzte Ralf Rangnick zum falschen Zeitpunkt zur Ehrenrunde an, in Duisburg bot Norbert Meier dem Kölner Profi Albert Streit zu sehr die Stirn.
Eingeführt worden ist unter dem ständig wachsenden Druck auch der Doppelschlag. In Kaiserslautern entließ Vorstandschef René C. Jäggi erst den Trainer und dann sich selbst. In Köln warf Manager Andreas Rettig seinen Krempel hin, für den weniger einsichtigen Trainer Uwe Rapolder besorgte das anderntags Klubchef Wolfgang Overath. Und auch in Wolfsburg gab es eine Zweifach-Zäsur: Trainer Holger Fach und Manager Thomas Strunz flogen im Duett.
Während auf Schalke, bei »Geißböcken« und »Wölfen« fieberhaft gesucht wird, haben die anderen fünf Wechsler ihrer Trainerbänke schon wieder aufgefüllt. Gefordert werden die Neubesetzer nach der Winterpause, wenn sie als vermeintliche Retter endgültig zeigen müssen, ob sie es besser können als ihre geschassten Vorgänger. Was dabei übereinander gesagt und voneinander gehalten wird, sollte man nicht immer für bare Münze nehmen. Morgens hatte Peter Neururer noch keinen Kontakt zu Hannover, räumte abends aber schon den freien Schreibtisch des Kollegen Lienen ein, den er natürlich schätzt und wirklich bedauert.
Manchmal ziehen die Fußball-Lehrer auch wie Nomaden von einem Abstiegskandidaten zum nächsten. Wolfgang Wolf veränderte sich ohne großen Zeitverlust vom FCN zum FCK. Zur Einführung gab es für Kaiserslautern einen fulimanten Fünferpack bei Neururers gerade von Lienen übernommenen Hannoveranern. Sind beide Trainer frisch am Ort, kann eben nur einer den Einstand nach Maß feiern. Weil Neururer auch Wolf mag, nahm er ihn zum Trost nach dem Torfest aber wenigstens herzlich in den Arm.
Zum freundlichen Umgang miteinander fühlt sich der redselige Westfale besonders animiert. Denn in vielen Vereinen sind die Sitten noch rauer geworden, als sie es ohnehin schon waren. Das liegt daran, dass nach den kummervollen Blicken auf die Klub-Konten demnächst wieder mit einem signifikanten Anstieg der Fernseh-Flöhe kalkuliert werden kann und aus flüssigem Anlass die Klasse auf keinen Fall verspielt werden darf.
Manchmal klaffen Anspruch und Wirklichkeit auch zu weit auseinander. Dann steht das Erreichte im Schatten der Erwartungen und es rummst. »Nachdenklich stimmt, dass nur der kurzfristige Erfolg zählt. Dies verheißt für den Fußball keine gute Zukunft«, sagte Ligaverband-Vizepräsident Wolfgang Holzhäuser, der zugleich Geschäftsführer von Bayer Leverkusen ist. Hier brachte der Personalwechsel von Augenthaler zu Skibbe kaum etwas. Es sind nur zwei Siege hinzu gekommen seither und in der Tabelle hat sich darum auch nichts Erhebliches zum Besseren getan.

Artikel vom 21.12.2005