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Versäumnis aufholen:
Tafel als Erinnerung

Gedenken an ein jüdisches Schicksal in Altenbeken

Von Bernhard Liedmann
(Text und Foto)
Altenbeken (WV). Die Versäumnisse der Vergangenheit werden aufgeholt. Jetzt soll auch in Altenbeken eine Bronze-Tafel an das Schicksal der jüdischen Mitbürger während der NS-Terrorherrschaft erinnern. Einen entsprechenden Antrag hat Ortsheimatpfleger Rudolf Koch gestellt. Es wäre das erste Denkmal, das in der Eggegemeinde an die Holocaust-Opfer erinnert.

Die Tafel soll auf das Schicksal der Familie Ikenberg aufmerksam machen, deren Haus vor der Ortskernsanierung auf dem Platz der Sparkasse stand. Eine entsprechende Anregung wird demnächst im Hauptausschuss der Gemeinde beraten. Die Sparkasse hat der Anregung des Ortsheimatpflegers und der Paderborner Historikerin Dr. Margit Naarmann bereits zugestimmt. Der Rat soll abschließend über den Text beschließen.
In Altenbeken wohnten im Jahre 1933 nach einer Liste der früheren Amtsverwaltung 14 Mitbürger jüdischen Glaubens. Dies war die Familie Süßmann mit vier Personen: die Eltern Albert Süßmann mit Ehefrau Else und deren beide Söhne Karl und Hans.
Die Familie Süßmann wanderte 1937 nach Amerika aus und konnte sich rechtzeitig retten. Sie hatten in Altenbeken eine Metzgerei betrieben.
Tragisch jedoch ist das Schicksal der Familie Ikenberg: Auf dem Grundstück der früheren Kreisstraße 58 - nun Adenauerstraße - hatte sie ihr Haus. Bis zu ihrer Deportation am 10. Dezember 1941 in das Ghetto Riga lebten hier die Witwe Minna Ikenberg mit ihren erwachsenen Söhnen Josef und Walter, den Töchtern Ilse und Rosa sowie ihre Schwester Thekla Rose. Die Söhne Herbert und Ludwig waren 1937, beziehungsweise 1939 illegal nach Holland emigriert.
Lediglich Ilse und Rosa Ikenberg überlebten die Deportation und wanderten nach dem Krieg in die USA aus. Minna Ikenberg starb in Riga, ihre Schwester gilt als verschollen. Herbert und Ludwig Ikenberg sowie dessen Frau und das Kind Kurt wurden von Holland aus deportiert und in Auschwitz, Josef und Walter im KZ Salaspils ermordet.
Trotz des schrecklichen Schicksals gab es aber auch einen Lichtblick: Vor der Deportation hat eine befreundete Familie aus Altenbeken den Schmuck der Ikenbergs aufbewahrt und bis zum Kriesgsende für die Familie versteckt. Die aufbewahrten Wertgegenstände ermöglichten es dann den Überlebenden, in die USA auszuwandern.
Die Historikerin Dr. Margit Naarmann wünscht sich, dass auch anderen Gemeinden im Hochstift dem Altenbekener Vorbild folgen und auf ähnliche Weise an das Schicksal ihrer jüdischen Mitbürger erinnern.

Artikel vom 20.12.2005