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Streik in Bielefelder Marktkauf-Häusern

AVA-Vorstandsvorsitzender reagiert empört auf verdi-Aufruf und prüft rechtliche Schritte

Von Stefanie Westing
und Peter Monke (Fotos)
Sennestadt (WB). Mitten im Weihnachtsgeschäft sind gestern drei Bielefelder Häuser der AVA/Marktkauf-Gruppe bestreikt worden. Zu dem Arbeitskampf aufgerufen hatte die Gewerkschaft verdi. Insgesamt waren 14 Marktkauf-Filialen von dem Streik betroffen, davon sieben in Ostwestfalen-Lippe.

Bei Schnee und Kälte hatten sich die Streikenden am frühen Morgen an der Unternehmenszentrale an der Fuggerstraße in Sennestadt eingefunden. Laut Dirk Nagel, stellvertretender verdi-Geschäftsführer in Bielefeld, waren 250 Beschäftigte dem Aufruf gefolgt - AVA sprach von 150 Teilnehmern. Hintergrund des Streiks sind die Tarifverhandlungen im Einzelhandel, bei denen auch nach monatelangen Verhandlungen noch kein Durchbruch erzielt werden konnte.
Mit Plakaten wie »Mercedes für Vorstände - Seifenkiste für Mitarbeiter« oder »Schmutzwasser für Mitarbeiter - Champagner für Manager« machten die Mitarbeiter ihrem Ärger Luft. Trotz des Streiks waren alle Marktkauf-Häuser geöffnet, auch die in Bielefeld betroffenen Filialen an den Straßen Rabenhof, Beckhausstraße und Huberstraße. Teilweise wurden Leiharbeiter eingestellt.
Helmut Metje, Vorstandsvorsitzender der AVA/Marktkauf-Gruppe, reagierte verärgert und mit Unverständnis auf den Streik. Er kündigte an, rechtliche Schritte zu prüfen. Verdi habe einseitig die Vereinbarung gebrochen, Arbeitskampfmaßnahmen so lange auszusetzen, bis in den Tarifverhandlungen des Einzelhandels ein Pilotabschluss vorliege, teilte Metje mit. Dem widersprach verdi-Mann Dirk Nagel: »Eine solche Vereinbarung existiert weder schriftlich noch mündlich.«
Nagel sprach von einem großen Druck, den die AVA auf ihre Mitarbeiter aufgebaut habe, zum Beispiel durch die Ankündigung, dass im Falle eines Streiks befristete Arbeitsverträge nicht verlängert oder Auszubildende nicht übernommen würden. »Das haben wir so nicht gesagt«, betonte Metje. »Aber wir denken über alle Maßnahmen nach, wie wir jetzt reagieren können. Wir wollen uns wehren und können uns im Weihnachtsgeschäft nicht vorführen lassen.«
Metje betonte, dass in seinem Unternehmen bessere Arbeitsbedingungen herrschten als bei vielen Wettbewerbern und dass der Ausbildungsstand mit 8,5 Prozent überdurchschnittlich hoch sei. Man sei den Arbeitnehmern sogar schon insofern entgegengekommen, als man angeboten habe, den im August gekündigten Haustarifvertrag, dem immerhin 50 Prozent der Mitarbeiter unterlagen und der Vorteile gegenüber dem Flächentarifvertrag biete, fortzusetzen. »Und ausgerechnet diese Leute streiken«, kritisierte Metje. Seiner Einschätzung nach grenzte der Stau, den der Arbeitskampf gestern auf dem Betriebsgelände an der Fuggerstraße bewirkte, an Nötigung. Als Boykottaufruf bewertete er einen Aufruf der verdi-Zentrale in Berlin an die Marktkauf-Kunden, nicht in den Geschäften einzukaufen. Dies schmerze doppelt, denn: »Bis heute ist das Weihnachtsgeschäft nicht richtig angelaufen.« Metje fürchtete, dass der Streik weitergehen könne. »Wir können nur an unsere Mitarbeiter appellieren, sich nicht zu beteiligen. Das führt nur dazu, dass wir weiter Kosten reduzieren müssen.«

Artikel vom 20.12.2005