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Die ganz große Geste des Stockschlag-Opfers

Deutschlands Sportler des Jahres: Hannu Manninen überreicht Ronny Ackermann seinen Preis

Baden-Baden (dpa). Mit offenem Mund und ungläubigem Staunen im Gesicht stand der »Sportler des Jahres« auf der Bühne und vor einem Millionen-Publikum im Fernsehen.
Große Geste: Stockschlag-Opfer Hannu Manninen (r.) ehrt Ronny Ackermann als Sportler des Jahres.

Ronny Ackermann bekam ausgerechnet von seinem »Stockschlag-Opfer« Hannu Manninen den begehrtesten Ehrenpreis des deutschen Sports überreicht. Stürmisch feierten die 500 Ehrengäste im Kurhaus von Baden-Baden bei der Proklamation die beiden Nordischen Kombinierer, die sich vor kurzem noch bis aufs Blut gereizt hatten. »Das ist eine feine Geste von ihm, dass er das auf sich genommen hat«, sagte der Doppel-Weltmeister aus Oberhof, der mit der Biathletin Uschi Disl und den deutschen Basketballern um die Wette strahlte.
Ackermann und sein finnischer Rivale waren zwar am Sonntag nach dem Weltcup in Ramsau/Österreich gemeinsam in ein Privatflugzeug gestiegen. »Aber man hat mir gesagt, er fliegt nach Baden-Baden, um dann mit dem Auto zum Flughafen nach Frankfurt zu fahren. Seiner schwangeren Frau ginge es nicht gut und er müsse schnell nach Hause«, sagte der 28-Jährige. Die beiden hatten sich zwar nach den unschönen Szenen von vor zwei Wochen in Lillehammer inzwischen die Hand gereicht, aber der mit einem schriftlichen Verweis bestrafte Ackermann freute sich nun: »Wenn man so nebeneinander steht, lässt es sich doch leichter leben.«
Erst fünf Minuten vor der Ehrung war Ackermann, der bei der Wahl der deutschen Sportjournalisten vor Basketball-Star Dirk Nowitzki und Tischtennis-Ass Timo Ball landete, in den Saal gehetzt. Zu den Gratulanten zählte auch Georg Thoma, der vor 45 Jahren als Olympiasieger in der Nordischen Kombination »Sportler des Jahres«, war. Als »Lady in red« gab die andere Hauptdarstellerin aus dem Wintersport, Uschi Disl, eine glänzende Figur ab. »Bei uns geht's sehr friedlich zu, auch wenn wir Gewehre auf dem Rücken haben«, sagte sie lächelnd.
Auch die 35-jährige Bayerin wurde vom Überbringer des Siegerpokals überrascht: Es war ihr Bruder Stefan, der vor fünf Jahren nach einer Gehirnblutung zwei Wochen im Koma lag. Wäre er nicht wieder gesund geworden, hätte Disl damals ihren Sport aufgegeben und nicht in diesem Jahr gleich zwei Mal das lang ersehnte WM-Gold geholt. »Das ist eine wunderschöne Sache, und ich bin echt stolz drauf«, sagte sie über die Auszeichnung. Hinter Disl belegten Eisschnellläuferin Anni Friesinger und Diskus-Dame Franka Dietzsch die Plätze.
Als die deutschen Basketballer als »Mannschaft des Jahres« ausgezeichnet wurden, blickte Ex-Europameister Henning Harnisch etwas ratlos umher. Er wusste nicht so recht, wem er die Trophäe übergeben sollte, »denn der Dirk ist nicht hier«. NBA-Profi Nowitzki ließ sich aus den USA zuschalten. »Ich bin wirklich stolz auf die Mannschaft«, sagte der Korbjäger. Aber seine Kollegen wurden auch so gefeiert - allen voran Pascal Roller: Der Spielmacher erzählte zur Gaudi des Publikums, dass er eine Ballettausbildung genossen hat.
Die Fußball-Europameisterinnen um Birgit Prinz mussten dieses Mal dem Basketball-Vize-Europameister Vortritt lassen. Der FC Bayern München hatte als Dritter nicht einmal - wie vor Jahren - den an Krücken humpelnden Hasan Salihamidzic geschickt.

Artikel vom 20.12.2005