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Himalaya-Verhältnisse im Werk Rheda

Fleischverarbeiter Tönnies nimmt neues Tiefkühllager in Betrieb - Umsatz 2005 steigt kräftig

Von Edgar Fels
Gütersloh (WB). Europas größter privater Fleischverarbeiter Tönnies in Rheda-Wiedenbruck befindet sich ungeachtet der Negativschlagzeilen der Branche in den vergangenen Wochen weiter auf Wachstumskurs. Für das laufende Geschäftsjahr 2005 peilt das Unternehmen einen Umsatz von 2,5 (Vorjahr 1,9) Milliarden Euro an.
Schwein und Rind: Bei Tönnies werden 360 Produkte hergestellt. Dabei handelt es sich sowohl um Fertigprodukte als auch um frische und gefrorene Ware für den Handel im In- und Ausland. Europas modernstes Tiefkühllager soll die Qualität weiter erhöhen. Fotos: Edgar Fels
Clemens Tönnies (rechts) im Gespräch mit Minister Eckhard Uhlenberg (Mitte).

»Wir stellen eben Produkte her, die der Markt zieht«, begründete Geschäftsführer Clemens Tönnies (49) bei der offiziellen Eröffnung eines hochmodernen 25 Millionen Euro teuren Logistik-Tiefkühlterminals am Freitag das rasante Wachstum. Auch 2006 und 2007 werde Tönnies je 25 Millionen Euro am Standort Rheda in die Modernisierung und Erweiterung des Unternehmens investieren. Der geplante Bau einer Rinderfleischabteilung werde zudem etwa 300 neue Arbeitsplätze schaffen, kündigte Tönnies an.
Das neue Tiefkühllager, das in elf Monaten Bauzeit entstand, hat eine Kapazität von 40300 Stellplätzen für Fleisch-Paletten. Ein computergesteuertes Fördersystem bringt das produktionsfrische Fleisch zunächst in die Schockfrosteranlage. Sie soll für ein Höchstmaß an Qualität und Produktionssicherheit sorgen.
Im 35 Meter hohen, 105 Meter langen und 55 Meter breiten Lager herrschen Temperaturen von minus 25 Grad Celsius. Der Sauerstoffgehalt ist auf 17 Prozent abgesenkt - eine technologische Neuheit, betonte Tönnies und fügte hinzu: »Das sind Verhältnisse wie im Himalaya.« Hintergrund: Kälte und niedriger Sauerstoffgehalt reduzieren die Radikalen in der Luft, die dafür verantwortlich seien, dass Fleisch ranzig wird. Das Fleisch werde haltbarer, erklärte Tönnies. »Mit diesem Lager gehen wir einen Schritt in Richtung Optimierung der Fleischgewinnung.« Das Tiefkühllager ersetzt acht über Deutschland verteilte Kühlhäuser.
Das Tönnies Fleischwerk verfügt nun über zwei große Logistikterminals. Terminal 1 mit 7000 Paletten-Stellplätzen (je Palette bis zu einer Tonne Fleisch) wurde Anfang 2004 in Betrieb genommen. Mit dem Terminal 2 reagiert das Unternehmen zum einen auf die steigende Inlandsnachfrage nach tiefgekühltem Fleisch und Convenience-Artikeln (Fertiggerichte). Zum anderen sei der Exportanteil in den vergangenen Jahren drastisch gestiegen, vor allem in die Länder Osteuropas. Jedes dritte Produkt geht ins Ausland.
Mit weiteren Innovationen und einer zunehmenden Automatisierung will Tönnies auch künftig Marktanteile ausbauen oder sichern. Für 2008/09 plant das Unternehmen, Roboter in der Fleisch-Schlachtung einzusetzen. In Rheda werden täglich in zwei Schichten von je 100 Mitarbeitern 20000 Schweine geschlachtet, in Weißenfels sind es etwa 12 000 und in Sögel weitere 4000 Schweine und Sauen.
Der nordrhein-westfälische Minister für Landwirtschaft, Umwelt- und Verbraucherschutz, Eckhard Uhlenberg (CDU), gratulierte Tönnies am Freitag zu dem neuen Tiefkühllager. »Das ist ein wichtiger Tag, an dem die Sicherheit der Verbraucher weiter verbessert wird«, sagte er. Die lückenlose Rückverfolgung der Produktionskette sorge für Transparenz und sei insofern auch eine Investition in das Vertrauen der Bürger, lobte der Minister. Landrat Sven-Georg Adenauer betonte die Bedeutung der fleischverarbeitenden Industrie für den Kreis Gütersloh. In dieser Branche gebe es 8000 Arbeitsplätze.
Tönnies beschäftigt 6000 Mitarbeiter, davon 3200 am Standort Rheda. Täglich verlassen 200 Lkw-Ladungen das Werk mit 60 Fertigprodukten und 300 unverpackten Produkten.

Artikel vom 17.12.2005