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Türkisches Gericht
vertagt Verfahren

Schriftsteller Pamuk angeklagt

Istanbul (dpa). Das umstrittene Gerichtsverfahren gegen den türkischen Schriftsteller Orhan Pamuk wegen »Herabwürdigung des Türkentums« ist am Freitag auf den 7. Februar vertagt worden.
Orhan Pamuk ist wegen »Herabsetzung des Türkentums« angeklagt.
Das Gericht in Istanbul beschloss, eine Entscheidung der Regierung in Ankara abzuwarten. Pamuk, der diesjährige Friedenspreisträger des Deutschen Buchhandels, hatte kritisiert, dass in der Türkei die Ermordung von Kurden und Armeniern geleugnet wird. Im Falle einer Verurteilung droht dem 53-Jährigen eine Haftstrafe bis zu drei Jahren.
Nun hängt es von Justizminister Cemil Cicek ab, ob das von der EU kritisch beobachtete Gerichtsverfahren nach dem etwa halbstündigen Prozessauftakt vom Freitag weitergeführt oder eingestellt wird. Pamuk hatte sich kritisch zur Tabuisierung des Kurdenkonflikts und der Massaker an den Armeniern im Ersten Weltkrieg geäußert. »Man hat 30 000 Kurden umgebracht. Und eine Million Armenier. Und fast niemand traut sich, das zu erwähnen.«
Zur Beobachtung des Prozesses, der von der EU als Test für politische Reformen und Meinungsfreiheit in der Türkei angesehen wird, war eine Delegation des Europaparlaments aus Straßburg angereist. »All diese Prozesse zeigen, dass jemand nicht verstanden hat, was Demokratie ist, nämlich Meinungsfreiheit«, sagte der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Daniel Cohn-Bendit. Bei einer Verurteilung Pamuks würden die am 3. Oktober begonnenen EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei »sehr schwierig«.

Artikel vom 17.12.2005