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Von Michael Schläger

Bielefelder
Optik

Der See und die Kindergärten


Genau genommen sind 36 000 Euro für das Sennesee-Gutachten angesichts eines milliardenschweren Stadtetats und millionenschwangerer Bilanzsummen städtsicher Unternehmen so etwas wie die oft zitierten »Peanuts«. Und wer ehrlich ist, muss zugeben, dass es nicht die letzte vielleicht unnötige Machbarkeitsstudie sein wird, die die Stadt in Auftrag geben wird.
Aber in einem Punkt hat Rainer Lux, der Fraktionschef der Union, mit seiner rigorosen Ablehnung der Studie recht: Die Politiker müssen endlich angfangen genauer hinzuschauen, wofür sie das Geld ausgeben. Natürlich ist es reizvoll, einen See zu planen. Aber er wird der Stadt Kosten verursachen, selbst wenn ein Privater ihn als Freizeitanlage betreibt. Solche Ausgaben kann sich die Stadt nicht mehr leisten, weil die laufenden Kosten schon nicht mehr finanziert werden können.
In anderen Bereichen schrillen längst die Alarmglocken. Auch das Land ist pleite und will seine Zuschüsse an die Kommune kräftig zusammenstreichen. Was kommt da beispielsweise alles auf die Eltern zu! Absehbar ist, dass Kindergartenplätze deutlich teurer werden. Die Beiträge für die Betreuung in der Grundschule sollen nach ersten Überlegungen mal eben um 50 Prozent anwachsen. Und dann können die Eltern auch schon für die Studiengebühren ihrer Sprösslinge sparen. Viele von ihnen werden die Schulzeit dafür weiter in maroden Klassenzimmern verbringen, weil auch das Schulbausanierungsprogramm gestreckt werden muss.
Dabei müsste doch jeder Cent zusammengekratzt werden, um möglichst wenig von all dem eintreten zu lassen. Immer wieder wird beklagt, dass sich zu wenige trauen, Kinder zu bekommen. Aber die Bedingungen für den Nachwuchs werden nicht besser.
Doch die Politiker reagieren nicht darauf. Sie verfallen allzu gern in die alten Verhaltensmuster. Beispiel Sozialausschuss in dieser Woche: SPD und Grüne legen einen Antrag vor, in dem Schwarz-Gelb in Düsseldorf aufgefordert wird, nicht zu kürzen. Die CDU-Vertreter sagen, da machen wir nicht mit und verweisen auf 39 Jahre SPD-Herrschaft im Land, die die ganze Misere erst verursacht habe.
Was hat der Bürger von solchen Debatten? Nichts! Wo sind die gemeinsamen Anstrengungen, es gar nicht erst zum sozialen Verfall kommen zu lassen? Und fangen diese Anstrengungen nicht vielleicht doch schon bei der Vergabe eines Gutachtens für einen See an, der, so wünschenswert er sein mag, ein Traum bleiben muss.

Artikel vom 17.12.2005