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Europa und der Welthandel

Hart am Abgrund entlang


Brüssel und Hongkong liegen sieben Zeitzonen und zwölf Flugstunden auseinander. Aber sowohl beim Europäischen Gipfel als auch bei der Welthandelsrunde (WTO) wandelten die Unterhändler am Freitag am Rande des Abgrundes. Hier wie da drohte das Scheitern. Wenn es am Ende, wie meist, doch zu einem Kompromiss-Ergebnis kommt, sollte niemand zu früh »Hurra« rufen.
Im Gegenteil, der Verlauf zeigt in beiden Fällen, dass fundamentale Gegensätze mit Formeln nicht mehr zu überbrücken sind. Mehr noch: Die beteiligten Regierungen sind nicht allein Herr des Verfahrens. Die Globalisierung bestimmt besonders bei der WTO, aber auch im Europa der 25, die Grenzen des Machbaren für die alten, etablierten Kräfte.
In Hongkong bildet sich eine Allianz der Schwellenländer mit den ganz Armen, die gemeinsam unter der Ausgrenzung der Satten leiden. Europäische Agrarinteressen bestimmen gleichfalls in Brüssel ganz wesentlich die Ereignisse. Warum soll Frankreich für sich wie selbstverständlich beanspruchen, was es den Neumitgliedern verweigern will?
Angela Merkel übernahm schneller als erwartet eine Schlüsselrolle. Ihr Kompromiss, mehr Geld anzubieten, ist allerdings gar nicht originell.
Reinhard Brockmann

Artikel vom 17.12.2005