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Prof. Neithard Bulst hält Arnos Borsts Buch für ein lesenswertes »Muss« für angehende Historiker und lohnend für jedermann.

Quellen und ihre Interpretationen

Prof. Bulst empfiehlt »Lebensformen im Mittelalter« - Literaturtipp 7


Bielefeld (sas). Erstmals haben Wissenschaftler der Universität in diesem Semester Literaturtipps für Studienanfänger, aber auch für andere gegeben: Romane, Sachbücher oder Krimis legen sie den Studierenden auf der Homepage der Hochschule ans Herz. Wir veröffentlichen einige dieser Empfehlungen - wie die von Prof. Dr. Neithard Bulst.
Der Geschichtswissenschaftler empfiehlt einen Klassiker von 1979, der für angehende Historiker fast ein Muss ist, sich aber auch für Nichthistoriker ohne Vorkenntnisse lohnt, der zudem verständlich (und ohne üppigen Anmerkungsteil) geschrieben ist: »Lebensformen im Mittelalter« von Arno Borst.
Der Autor greift mit der Konstruktion der Lebensform ein Wort von Cicero und Augustin auf und erhellt die äußeren Lebensumstände, die nicht beeinflussbar sind (conditio humana), und die von Menschen geschaffene Lebensumwelt (societas humana) des achten bis 13. Jahrhunderts. Ausgangspunkt sind 99 Textquellen - Urkunden, Rechnungen, erzählende Quellen, Briefe - die Borst selbst neu übersetzt hat. »Jede einzelne Quelle wird in den zeitgenössischen Kontext gestellt und anschließend interpretiert.«
Dabei werden die drei Stände ebenso abgearbeitet wie Raum und Umwelt, wie die Frage nach den Abgaben der Bauern und der Familiengröße der Bürger oder die nach Ketzern, Kriminellen oder fremden Kulturen. »Der Laie erfährt in diesem Buch viel über das Mittelalter, der Historiker kann lernen, wie man an Texte herangeht und sie interpretiert«, sagt Bulst, der Allgemeine Geschichte mit besonderer Berücksichtigung des Mittelalters lehrt. Deswegen auch zieht er das Buch von Borst regelmäßig für Lehrveranstaltungen heran.
Privat liest Bulst gerade einen historischen Roman der Norwegerin Sigrid Undset, die 1928 den Literaturnobelpreis erhielt: »Kristin Lavranztochter«. Das Buch ist ein Roman über eine junge Frau, »die Tochter eines bäuerlichen Hintersassen zur Zeit des schwarzen Todes, also Mitte des 14. Jahrhunderts«, erklärt er. Ihr Vater hat für sie ist eine Ehe arrangiert, der sie entfliehen will...
Auf der nächsten Hochschulseite folgt der Literaturtipp von Dr. Tom Steinlein.

Artikel vom 23.12.2005