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Opposition kritisiert das BKA

Diskussion über die Grenzen der Zusammenarbeit im Anti-Terrorkampf

Berlin (Reuters/dpa). Nach den Aufklärungsversuchen der Bundesregierung im Entführungsfall Khaled el Masri hat sich gestern Streit über die Rolle deutscher Sicherheitsbehörden im Anti-Terrorkampf entzündet.
Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) und Politiker von Union und SPD verteidigten die Verhöre von Gefangenen in Syrien und dem US-Stützpunkt Guantánamo durch deutsche Beamte. In der Opposition stieß das Verhalten des Bundeskriminalamtes (BKA) auf scharfe Kritik. Die Grünen warnten, man wolle keine »Geheimpolizei«.
Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) ließ nach Teilnehmerangaben im Innenausschuss durchblicken, dass er das BKA angewiesen habe, Verdächtige künftig nur bei direkten Anschuldigungen in einem anderen Land zu vernehmen. Schäuble kündigte darüber hinaus an, das Strafrecht zur Terrorbekämpfung zu verschärfen. Er wolle »gefährliche Personen«, denen man bisher eine Straftat nicht nachweisen könne, vor Gericht stellen lassen. Deshalb solle das »Absolvieren einer Ausbildung in einem Terroristenlager in Afghanistan oder sonst wo« künftig strafbar sein.
Nach Angaben von SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz war der syrische Nachrichtendienst auch in Deutschland tätig, »was wir in Deutschland nicht zulassen dürfen«. Danach habe es Gespräche zwischen Deutschland und Syrien gegeben. Auch seien Mitglieder des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKG) nach Syrien gereist. Nach Wielands Angaben bestätigte die Regierung im Ausschuss eine Absprache mit einem syrischen General in Deutschland. Danach durften deutsche Ermittler den deutschen Staatsbürger Mohammed Haidar Sammar in Syrien vernehmen. Im Gegenzug sollten drei Ermittlungsverfahren gegen Syrier in Deutschland eingestellt werden.
Grüne und FDP forderten weitere Ausschuss-Sitzungen zur Gefangenen-Affäre im kommenden Jahr. Wieland schloss nicht aus, dass es noch bisher unbekannte Verhöre durch Deutsche im Ausland gegeben haben könnte. FDP-Innenexperte Max Stadler forderte, anhand der bekannten Fälle müsse das Bundestagsplenum zudem eine Debatte darüber führen, ob man wegen des Bedürfnisses nach Informationen im Anti-Terror-Kampf unrechtmäßige Haftbedingungen von Verhörten stillschweigend billigen darf.
Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach warnte vor »fatalen Auswirkungen« für die Sicherheit, wenn Deutschland auf Erkenntnisse etwa aus Syrien verzichte. Dabei dürfe aber eine »rote Linie« nicht überschritten werden. Bosbach äußerte Zweifel daran, ob es klug gewesen sei, dass an der Befragung des Terrorverdächtigen Mohammed Haidar Sammar in Syrien neben Mitarbeitern des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV) und des Bundesnachrichtendienstes (BND) auch das BKA beteiligt war. Die deutschen Ermittler hätten nach Auskunft von Regierung und Sicherheitsbehörden jedenfalls keine Verletzungen bei Sammar festgestellt. Dieser habe allerdings angegeben, während einer Zwischenstation in Marokko und in Syrien geschlagen worden zu sein. Die Befragung habe Informationszwecken gedient, Sammar sei nicht als Beschuldigter verhört worden.
Im Fall des entführten Deutsch-Libanesen El Masri entzündete sich die Kritik am BKA an der Tatsache, dass das Amt bereits im Juni 2004 von dem Gespräch zwischen US-Botschafter Daniel Coats und Schäubles Vorgänger Otto Schily informiert gewesen sei. Grüne und FDP kritisierten, dass die ermittelnden Staatsanwälte trotzdem weiterhin im Dunkeln tappten.
Die Auskünfte der Bundesregierung in der CIA-Affäre haben eine Debatte über Grenzen der Kooperation mit den USA bei der Terrorabwehr ausgelöst. Mit den USA müsse geklärt werden, wo es Gemeinsamkeiten im Kampf gegen den Terrorismus gebe und wo die Kooperation ende, sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Ruprecht Polenz (CDU).
Das EU-Parlament setzt einen Untersuchungsausschuss ein, der sich mit den angeblichen CIA-Gefangenentransporten durch Europa befassen soll. Das Parlament stimmte mit großer Mehrheit für die Einsetzung des Ausschusses.

Artikel vom 16.12.2005