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Vergleich gescheitert

Ticket-Bestimmungen für WM 2006 auf der Kippe

Frankfurt/Main (dpa). Knapp sechs Monate vor Beginn der Fußball-WM stehen wesentliche Teile des Ticket-Programms juristisch auf der Kippe.

Gestern Abend scheiterte vor dem Landgericht Frankfurt am Main ein Vergleichsversuch zwischen Verbraucherschützern und dem Deutschen Fußball-Bund (DFB). Zuvor hatte die 2. Zivilkammer Zweifel an der Rechtmäßigkeit einiger Klauseln des so genannten Optionsticket-Programms geäußert. Eine Entscheidung soll kommenden Mittwoch verkündet werden. Im Optionsverfahren haben sich rund 65 000 Fußball-Fans Vorkaufsrechte auf zurückkommende Karten gesichert und dafür den vollen Ticketpreis plus Gebühren überwiesen.
Die vom Bundesverband Verbraucherzentrale (vzbz) beantragte Einstweilige Verfügung gegen den DFB erließ das Gericht zunächst nicht. Das Gericht hat vorgeschlagen, dass der DFB von sich aus auf die Klauseln verzichtet und damit weltweit negative Schlagzeilen vermeidet. Der Vergleich ist zuletzt am Problem der Zinsen gescheitert, die leer ausgegangene Fans für ihre Vorausleistungen erhalten sollten. Der DFB hatte wegen des großen Verwaltungsaufwands vorgeschlagen, die Zinsen einer gemeinnützigen Organisation zuzuleiten. Dies lehnte der vzbz aus grundsätzlichen Erwägungen ab. »Das hätte leicht als Vertrag zum Nachteil Dritter ausgelegt werden können«, sagte Justiziarin Helke Heidemann-Peuser.
Die Richter störten sich wie die Verbraucherschützer insbesondere daran, dass die Service-Gebühr von fünf Euro pro Optionskarte auch dann einbehalten werden soll, wenn der Kunde kein Ticket und damit keine Leistung erhält. Bei den so Team-Serien - Karten für alle Spiele einer bestimmten Mannschaft - liegen die bislang nicht erstattungsfähigen Gebühren sogar bei bis zu 50 Euro. Auch die Zustellgebühr von zehn Euro sei vom allgemeinen Schuldrecht nicht gedeckt, sagte der Vorsitzende Richter Franz-Martin Jeßberger. Außerdem habe das WM-Organisationskomitee bei den Optionstickets wohl widerrechtlich die Kündigung aus wichtigen Gründen ausgeschlossen.
Konkrete Auswirkungen hätte ein Verzicht des DFB auf das Optionsmodell zunächst wohl nur wenige. Jeder Kunde müsste sich im Fall einer Einstweiligen Verfügung seine Gebühren selbst vor dem Amtsgericht erstreiten, erläuterte Justizsprecher Stefan Möller. Vor der WM dürften die meisten Optionsbesitzer daran kein Interesse haben, sondern ihre Optionen auf freiwilliger Basis behalten. »Der normale Fan wird den Teufel tun, sich im Vorfeld anzulegen. Der will sein Ticket bekommen und sein Spiel sehen«, meinte Richter Jeßberger. Auch der DFB ist nach den Worten des Geschäftsführenden Präsidenten Theo Zwanziger willens, die bestehenden Optionen einzulösen.
Man werde die Bedingungen ändern, wenn man dazu nach Ausschöpfung des Rechtsweges verurteilt werde, erklärte DFB-Generalsekretär Horst R. Schmidt. »Die Fans sollen sich fair behandelt fühlen.« Schmidt wies darauf hin, dass nur Bestimmungen zu den bereits geschlossenen Optionstickets und den Teamserien angegriffen worden seien. »Es geht nicht um die aktuellen Runden.«
Zwanziger hatte das Ticketsystem verteidigt. »Es geht um ein gnadenlos überbuchtes Ereignis.« Der DFB tue alles, um die Fans vor überhöhten Schwarzmarktpreisen und leeren Stadien zu schützen.

Artikel vom 16.12.2005