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14 Millionen sollen
heute wählen gehen

In Irak herrschte gestern ungewöhnliche Ruhe

Bagdad (dpa). Einen Tag vor der ersten Wahl eines regulären Parlaments im Irak herrschte gestern ungewöhnliche Ruhe in Bagdad. Aus Angst vor Anschlägen mit Autobomben setzte die Polizei in der Hauptstadt und anderen Orten ein striktes Fahrverbot durch.
Präsident Dschalal Talabani rief die Bürger auf, sich an der Wahl zu beteiligen und »eine Regierung zu wählen, die den Terror besiegen kann«. Der hitzig geführte Wahlkampf ging nach dem Gesetz am Dienstag um Mitternacht zu Ende, wie die Wahlkommission in einer Ermahnung an alle Parteien mitteilte.
Die Iraker wählen heute erstmals seit dem Sturz des Saddam-Regimes ein Parlament, dessen Abgeordnete für vier Jahre im Amt bleiben sollen. Insgesamt stehen 334 politische Gruppierungen mit 7000 Kandidaten auf den Wahlzetteln. Wie schon bei früheren Abstimmungen, so gelten auch diesmal strenge Sicherheitsvorgaben für die Wahl. Die Landesgrenzen wurden vorübergehend geschlossen. Wegen des Fahrverbots war gestern nur der Lärm von US-Hubschraubern über den ruhigen Straßen von Bagdad zu hören.
Seit der Wahl zum Übergangsparlament im vergangenen Januar hat sich auf der politischen Landkarte des Iraks einiges verschoben. Das damals siegreiche Wahlbündnis der religiösen Schiiten-Parteien hat die Unterstützung der obersten Geistlichen und einige säkulare Mitstreiter verloren. Dafür hat sich ihnen der radikale Prediger Muktada al-Sadr mit seiner Gefolgschaft angeschlossen. Dieser hatte die letzte Wahl, genau wie die Sunniten-Parteien, noch boykottiert.
Talabani erklärte, eine hohe Wahlbeteiligung werde den Aufständischen jede Rechtfertigung für ihr Tun nehmen. »Die Irregeführten werden keine Entschuldigung mehr dafür haben, mit Waffen gegen die legale und gewählte Regierung und die Koalitionsstreitkräfte zu kämpfen, die gemäß einer internationalen Entscheidung im Land sind«, hieß es in der im Fernsehen verlesenen Erklärung des Präsidenten. Zur Wahl aufgerufen sind mehr als 14 Millionen Iraker. Die Iraker sollen ihre Stimme von 7.00 Uhr bis 17.00 Uhr Ortszeit (4.00 bis 14.00 Uhr MEZ) in 6200 Wahllokalen abgeben können.
Bei der Explosion einer Bombe starben nordwestlich von Bagdad vier US-Soldaten.

Artikel vom 15.12.2005