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Bayern hat
doch »Dusel«

Kahn vor Vertragsverlängerung

Von Elmar Neumann
Dortmund (WB). Wer einem Uli Hoeneß die Frage nach dem »Bayern-Dusel« stellt, muss fast immer in Deckung gehen. Vorsicht, Verbal-Watsch'n garantiert. Aber der mächtige Manager des Meisters kann auch anders, vermag nicht nur auszuteilen, sondern auch einzugestehen.

Zum Hinrundenabschluss war es mal wieder so weit und die Zeit für eines dieser höchst seltenen Eingeständnisse aus berufenem Bayern-Mund gekommen. Nach dem 2:1 bei Borussia Dortmund, dem 14. Sieg im 17. Saisonspiel, kam auch ein Uli Hoeneß nicht umhin, zu bestätigen, was jeder der 81 000 Zuschauer im Signal Iduna Park gesehen hatte: »Normalerweise wehre ich mich dagegen, dass der FC Bayern mit Glück in Verbindung gebracht wird, aber das war ein sehr glücklicher Sieg.«
Wohl wahr. Insbesondere in den ersten 45 Minuten bot der Rekordmeister nichts, was für eine der abendlichen Weihnachtsfeier angemessene Stimmung hätte garantieren können. »Das war das Schwächste, das ich seit langem gesehen habe«, sagte Hoeneß, der aber auch den Gegner mit einem Lob versah: »Wir haben gegen sehr talentierte und engagierte Dortmunder schlecht ausgesehen.«
Borussias Coach Bert van Marwijk machte ohne Tomas Rosicky (gesperrt) aus der »Not eine Jugend«. Dank des 19-jährigen Bundesliga-Debütanten Uwe Hünemeier sank der Altersschnitt der Dortmunder Startformation auf ein neuerliches schwarz-gelbes Rekordtief: 22,5 Jahre. Der Ex-Gütersloher bildete mit Christoph Metzelder die Innenverteidigung der Borussia. Ein Gespann, das zunächst wenig gefordert wurde.
Allein mit dem Fehlen von Michael Ballack und Sebastian Deisler (ebenfalls gesperrt) war nicht zu entschuldigen, was die Bayern ihren Fans boten. Während die Magath-Mannen nur eine Großchance durch Lucio (27.) verzeichneten, hatten van Marwijks »Young Guns« gleich mehrfach die Führung auf Fuß und Kopf.
David Odonkor scheiterte am WM-reifen Oliver Kahn (12.), der seinen am Saisonende auslaufenden Kontrakt Anfang dieser Woche bis 2008 verlängern wird. »Das Angebot war sehr gut und vernünftig. Wir sind uns in allen Punkten einig. Oliver wird Anfang der Woche unterschreiben«, teilte Kahns Berater Peter Ruppert mit.
Für Dortmund traf Hünemeier die Latte und Hargreaves (42.), ehe Florian Kringe das Spielgerät ein zweites Mal gegen das Aluminium beförderte. »Wir haben die erste Hälfte dominiert, aber im Abschluss viel Pech gehabt«, fasste Dortmunds Übungsleiter einen ersten Spielabschnitt zusammen, der Hoeneß nur einen Hoffnungsschimmer ließ: »Schlechter konnte es definitiv nicht mehr werden.«
Wurde es auch nicht. Ali Karimi (52.) und Claudio Pizarro (73.) machten aus den Münchner Möglichkeiten zwei und drei die Tore eins und zwei. »In dieser Effektivität unterscheidet sich eben eine Spitzen- von einer Durchschnittsmannschaft«, sah sich mit Kringe auch ein Dortmunder zu einem Eingeständnis genötigt. Zwar erzielte er selbst nach 298 Minuten ohne BVB-Tor noch das 1:2 (79.), doch statt des Ausgleichs folgte rekordverdächtiges Rot: Nori Saka brachte Makaay zu Fall und verschwand zwei Minuten nach seiner Einwechslung in der Kabine.
Dortmund droht das Gewinnen zu verlernen, der FC Bayern der Konkurrenz mit Langeweile: 44 Punkte - eine solche Ausbeute hatte nach 17 Spielen noch kein Erstligist vorzuweisen. Argumente genug, um auch Hoeneß wieder versöhnlich zu stimmen: »Besser geht's nicht, heißt ein Film mit Jack Nicholson. Gewinnen wir im Pokal gegen den HSV, trifft das auch auf dieses Bayern-Jahr zu.«

Artikel vom 19.12.2005