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Letzter Weg führt nach Hause

Kinderzentrum Bethel entwickelt Modell für ambulante Palliativpflege

Von Elke Wemhöner
(Text und Foto)
Bielefeld (WB). Wenn keine Behandlung mehr hilft und die Krankheit den Sieg davonträgt, möchten todkranke Kinder und Jugendliche am liebsten nach Hause. Das Kinderzentrum des Ev. Krankenhauses in Bethel hat ein Jahr erfolgreich ein Modell der ambulanten Palliativpflege erprobt.

»Der Weg nach Hause« - so der Titel - wird möglich, weil alle an einem Strang ziehen: die Leitung des Kinderzentrums Bethel inklusive Pflegemanagement und Sozialdienst, sowie der Hospizverein Bethel, die gemeinnützige Luca-Dethlefsen-Hilfe und der Elternverein Hand an Hand. Die beiden letztgenannten sorgen dafür, dass beispielsweise begonnene Musik- oder Ergotherapien, die die Kostenträger nicht übernehmen, möglich werden. Die von Bodelschwinghschen Anstalten übernehmen für zwei Jahre die Anschubfinanzierung des Modells. Drittmittel, so betont Dr. Norbert Jorch (Oberarzt Kinderonkologie), werde man für diese Art der Betreuung allerdings immer benötigen.
Den Familien, die ohnehin durch Diagnose und Krankheitsverlauf großen Belastungen ausgesetzt sind, stellt das Kinderzentrum die Sozialdienst-Mitarbeiterinnen Gisela Speer und Karen Rüping-Oehlmann zur Seite. Sie koordinieren den Übergang von der stationären zur ambulanten Pflege daheim, verhandeln mit der Pflegekasse, organisieren Hilfsmittel, knüpfen Kontakt zum Kinderarzt am Wohnort und vieles mehr. Und sie wissen, welche Organisationen Familien in dieser Extrem-Situation - wenn nötig - finanziell unterstützen.
Eine große Beruhigung für viele junge Patienten und deren Eltern ist die Möglichkeit, dass vertrautes Pflegepersonal aus Bethel für Hausbesuche zur Verfügung steht. Krankenschwester Birgit Sandbote: »Einmal pro Woche oder täglich - das wird je nach Wunsch festgelegt.« Derweil übernehmen Kollegen ihre Aufgaben auf der Station; der Dienstplan wird entsprechend flexibel gehandhabt.
Im Kinderzentrum Bethel werden jährlich 50 bis 60 Kinder mit bösartigen Erkrankungen aufgenommen, von denen 30 Prozent versterben. Häufig ist es der Krebs, der sich nicht besiegen lässt. Dr. Jorch unterstützt den Wunsch von Kindern und Eltern, die letzte Lebenszeit in gewohnter Umgebung zu verbringen: »Das häusliche Milieu hat viele Vorteile - auch für die spätere Verarbeitung des Todes von Bruder oder Schwester.« 16 junge Patienten konnten den »Weg nach Hause« nehmen. Dr. Jorch hofft, dass dieses Modell bundesweit Schule machen wird.

Artikel vom 15.12.2005