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Rapolder kann auch in Köln noch lachen

Vor dem Duell: Der Trainer erwartet Samstag in Bielefeld Dankbarkeit - und keine Pfiffe

Von Dirk Schuster
und Stefan Hörttrich (Fotos)
Köln (WB). Zwölf Punkte aus 16 Spielen, Drittletzter der Tabelle. Das sind die Fakten. Dazu der angebliche Dauerstress mit Superstar Lukas Podolski. Und im Clinch mit den Fans soll Uwe Rapolder auch liegen. So war es immer wieder aus den Medien zu erfahren. Man müsste also annehmen, beim Trainer des Bielefelder Hinrunden-Abschlussgegners 1. FC Köln liegen die Nerven blank. Doch dem ist nicht so.

Der ehemalige Coach der Arminia, er kann sogar noch lachen. Aber erst nach der Arbeit. Auf dem Trainingsplatz ist der 47-Jährige hochkonzentriert. Seine Stirn ist in Falten gelegt. Mit Argusaugen beobachtet er das Tun seiner Spieler. Gerade mal 14 sind es an diesem Tag. Podolski bricht das Training ab, absolviert lediglich eine Laufeinheit. Apropos Podolski: »Wir haben ein absolut gutes Verhältnis«, sagt Rapolder und legt wie zum Beweis seinem Nationalstürmer im Vorbeigehen fest den Arm um die Schulter.
Willkommen in Rapolders Welt! Sie könnte so schön seinÉ - doch Rapolder hat ein Problem. Und das heißt nicht Podolski, es sind die Kölner Boulevardblätter »Ich lese keine Zeitungen«, versichert der Trainer. Keine Kölner jedenfalls. »Im Boulevard geht's seitenweise nur um Podolski.« Dass der Jung-Star in den Medien dauerpräsent ist, würde Rapolder gar nicht so stören, würden die Leistungen des Nationalspielers die große Aufmerksamkeit auch nur annähernd rechtfertigen. Dem sei aber nicht so und Rapolder sieht darin einen der Gründe, aus denen Köln in dieser Saison hinter den Erwartungen zurückgeblieben ist.
»Der Rapolder hat's auch nicht ganz leicht gehabt bis jetzt«, versichert ein FC-Kiebitz in den 60ern und spielt auf die vielen Verletzten an. Persönlich habe er gegen den FC-Trainer überhaupt nichts einzuwenden, genau so wenig wie die meisten anderen Zaungäste am Trainingsgelände. Gründe, Rapolders Stil zu kritisieren, gebe es für die Anhänger nicht. »Nee, der ist doch harmlos. Rapolder gibt auch immer gern Autogramme. Huub Stevens, der konnte unmenschlich sein. Wie der mit den Spielern umgegangen ist, das war mir als Zuschauer manchmal peinlich.«
100 FC-Fans hatten sich trotz Regens gestern Morgen zur Übungseinheit versammelt, sonst kommen mindestens drei Mal so viele. »Köln«, sagt Uwe Rapolder, »ist ein schlafender Riese.« Ob er noch dazu kommt, ihn zu wecken? Der Trainer weiß es nicht. »Nach dem Spiel in Bielefeld gehen wir in die Analyse. Die Mannschaft hat ab Montag frei.« Ob er sie nach der Winterpause wieder sieht?
Kürzlich, auf der Jahreshauptversammlung des FC, da hat Uwe Rapolder geäußert, er würde seine Möbel wieder nach Köln bringen lassen wollen. Im Klartext heißt das: Er denkt nicht ans Aufgeben.
Der Trainer hat noch Lust, der miesen Punktausbeute zum Trotz beim 1. FC Köln weiterzuarbeiten. Vorausgesetzt, man lässt ihn. Zu Wolfgang Overath pflege er ein gutes Verhältnis, »da gibt's kein Problem.«
Den FC-Präsidenten vergleicht der Schwabe mit Arminias jetzigem Trainer und ehemaligem Sportchef Thomas von Heesen. »Beide sind Fachleute, die selbst gespielt haben.« Overath hat er den Job beim FC zu verdanken, von Heesen den vorherigen beim DSC Arminia. »Aber das, was ich Bielefeld geschuldet habe, habe ich mehr als zurückbezahlt«, ist Rapolder überzeugt und hält Schadenfreude aus Richtung Ostwestfalen darum für gänzlich unangebracht. Außerdem: »Abgerechnet wird am Schluss«, sagt er kämpferisch. Und angesichts der 17 Punkte, die Arminia bisher gesammelt hat, könne von einer Riesenvorrunde der Bielefelder wohl kaum die Rede sein.
Für Fans, die ihn am Samstag auspfeifen, wird er kein Verständnis aufbringen. »Dass die Leute mir gegenüber negativ eingestellt sind, stört mich. Bielefeld sollte mir dankbar sein. Als ich bei Arminia angefangen habe«, erinnert Rapolder, »war die Mannschaft in der 2. Liga Achter und der Verein hatte kein Geld.«
Trotzdem unterschrieb er, erst später wurden die Finanzen für ihn zu einem wirklichen Problem. Weil Rapolder vor Vertragsende in Bielefeld bereits als Trainer in Köln arbeitete, zahlte Arminia einen Teil seiner Abfindung nicht. »Mitte November habe ich das Geld bekommen, auf das ich seit August gewartet hatte.« Arminia und Rapolder sind quitt. Ob er DSC-Finanzchef Roland Kentsch, mit dem Rapolder nie auf einen grünen Zweig kam, am Samstag die Hand schüttelt, lässt er offen. »Arminia war mein Kind. Aber ich wollte aus Bielefeld weg«, sagt Rapolder ehrlich. Auch weil Kentsch und Arminia die Spieler Owomoyela, Skela und Buckley nicht halten konnten.
Einen guten Draht pflegt er nach wie vor zu Thomas von Heesen. Ihre Männerfreundschaft, das versichern beide, werde unter dem Ausgang des Spiels nicht leiden. Die Frage, ob sie hinterher gemeinsam Essen gehen, will Rapolder aber nicht schon jetzt mit »Ja« beantworten. Er sagt: »Erst mal sehen, wie alles läuft.«

Artikel vom 15.12.2005