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Spiel, Satz und Sieg
dank des Teamgeistes

Daviscup-Teamchef Kühnen setzt auf Emotionen

Von Oliver Kreth
Halle (WB). Wenn es ums Tennis geht, erinnert er ein bisschen an Niki Pilic. Ruhe ist auch seine Sache nicht, weder im Gespräch noch auf der Daviscup-Bank. Patrik Kühnen, Trainer des Jahres 2005 beim Deutschen Tennis Bund, will das deutsche Daviscup-Team wieder dahin führen, wo es unter dem »Preußen vom Balkan« schon drei Mal war - an die Spitze.

Der erste Schritt soll vom 10. bis 12. Februar 2006 erfolgen. Dann trifft Kühnens Team auf die französische Auswahl. Gespielt wird im Gerry-Weber-Stadion - auf Hartplatz. Rasen ist zu diesem Zeitpunkt nicht möglich. Außerdem votierten Tommy Haas, Nicolas Kiefer, Rainer Schüttler und Doppelspezialist Alexander Waske für diesen Belag.
Und der Mann aus Püttlingen hört auf seine Spieler. Patrik Kühnen: »Nach dem 3:2 gegen die Tschechische Republik in Liberec und dem damit vollzogenen Wiederaufstieg in die Weltgruppe ging unser Blick gleich Richtung Auslosung. Und als feststand, dass wir ein Heimspiel haben werden, haben die Spieler für Halle votiert.« Verständlich, schließlich ist neben dem immer wieder gelobten professionellen Umfeld die große Zahl der positiven, sportlichen Erlebnisse bei den Gerry Weber Open (Kiefer-Sieg 1999, Haas im Halbfinale, Waske-Erfolg gegen French-Open-Sieger Rafael Nadal) ein starkes Argument - nicht nur für die Aktiven. Kühnen: »Das sind Eindrücke, die haften bleiben.«
Genau wie ein Daviscup-Sieg oder ein Grand Slam-Erfolg, die auch noch einen Tennis-Rentner schmücken. Die Chancen für Kiefer und Kollegen scheinen im Mannschaftswettbewerb derzeit viel größer. Nicht nur weil sie amtierender Weltmeister sind.
Der Sieg in Düsseldorf hat den Teamgeist noch mehr aufleben lassen. Kühnen: »Ich kann den ja verbal fordern. Es ist aber natürlich besser, wenn die Spieler sehen, dass es positive Konsequenzen hat.« Der dreimalige Gewinner des Daviscups sieht deshalb auch keinen Rückfall-Gefahr in alte Grabenkampf-Zeiten: »Selbst wenn sich einer ganz weit oben reinspielt. Die Jungs sind reifer. Und nach zwei Jahren in der 2. Liga sind sie heiß auf den Daviscup und auf die großen Emotionen eines Heimspiels.«
Für Kühnen ist sogar das Finale drin, dafür »reicht die Qualität meiner Spieler«, aber natürlich ist nach einem Erfolg gegen Frankreich mit dem Aufsteiger Richard Gasquet (spielt 2006 auch bei den GWO) und dem erfahrenen Sebastien Grosjean das Losglück ein wesentlicher Faktor. Kühnen: »Das hat man doch bei der Slowakei gesehen, die dieses Jahr nur Heimspiele hatten und bis ins Finale gekommen sind.«
Das sie dann allerdings gegen Kroatien verloren haben. Und so Kühnens Lehrmeister Niki Pilic den vierten Daviscup nach den drei Erfolgen mit Deutschland 1988, 1989 und 1993 bescherten. Kühnen: »Wir haben ihn als Spieler für seine Begeisterung zwar manchmal belächelt, aber Niki lebt Tennis vor, er entfacht Begeisterung. Dieser Sieg ist eine unglaubliche Leistung.«
An die er anknüpfen will - mit Hilfe der Haller Verantwortlichen um Ralf Weber. Der GWO-Turnierdirektor: »Wir haben zwölf Jahre darauf gewartet, wieder eine Daviscup-Begegnung hier auszurichten. Denn Tennis ist unser Herzstück.« Das sich auch finanziell rechnet. So gilt das Viertelfinale von 1994 bis heute als eine der drei ertragreichsten Veranstaltungen des DTB. Weber: »Diese Zeiten sind zwar vorbei, aber wir wollen an den drei Tagen schon mindestens 20 000 Zuschauer haben.« 6000 Tickets sind verkauft, ab 12 000 ist die »wirtschaftliche Garantie« beglichen. Ab dann wird in Halle Geld verdient. Gegen einen dritten großen Termin 2006 hätte Weber übrigens nichts einzuwenden: »Beim Daviscup-Finale müsste ich nicht überlegen.«

Artikel vom 15.12.2005