14.12.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Verlustabzug jetzt geregelt

EuGH: Ansässigkeitsstaat vorrangig

Luxemburg/Berlin (dpa). Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat die Möglichkeiten grenzüberschreitender Verlustanrechnungen von Unternehmen gestern grundsätzlich verbessert.

EU-Kommission, Bundesregierung und deutsche Bundesländer zeigten sich in ersten Reaktionen erleichtert, dass die schlimmsten Befürchtungen nicht eingetroffen seien. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) sagte, die Gefahr, dass es zu Milliarden-Steuerausfällen für Deutschland komme, sei abgewendet.
Künftig können Staaten ihren grenzüberschreitend agierenden Konzernen nicht mehr generell verbieten, Verluste ihrer Auslandstöchter in der Heimat anzurechnen. Allerdings könne ein Staat Auflagen für die Verlustanrechnung ausländischer Tochtergesellschaften machen. So müsse die Mutter die Verluste in der Heimat verrechnen können, wenn sie nachweist, dass die Verluste am Sitz der Tochter nicht angerechnet werden können, weil etwa das Kontingent ausgeschöpft sei oder rechtliche Grundlagen fehlten.
Welche Auswirkungen das Urteil für die Staatskassen habe, sei noch nicht bezifferbar, sagte Steinbrück. Es handele sich aber nicht um Milliardenbeträge. Die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesfinanzministerium, Barbara Hendricks (SPD), betonte, dass damit der Verlustabzug »vorrangig im Ansässigkeitsstaat der Tochtergesellschaft zu erfolgen« habe. Grundsätzlich sei es der Gesellschaft nicht freigestellt, den Ort der Anrechnung zu wählen. Es werde nun zu prüfen sein, ob wegen möglicher Parallelen zur körperschaftlichen Organschaft die deutschen Steuerregelungen angepasst werden müssten.
Bayerns Finanzminister Kurt Faltlhauser (CSU) meinte, das Urteil hätte »härter treffen können«. Es stelle »eine bemerkenswerte Fortentwicklung der Rechtsprechung des EuGH dar«, insofern er den Steueraufkommen der Mitglieder eine gewichtige Rolle beimesse. Faltlhauser und die Finanzministerkonferenz der Bundesländer hatten noch Mitte des Jahres Steuerausfälle in zweistelliger Milliardenhöhe befürchtet.
In dem jetzt entschiedenen Fall hatte die britische Einzelhandelsgruppe Marks & Spencer geklagt, dass Großbritannien generell Verlustanrechnungen von Auslandstöchtern im Inland verweigert. Die Gruppe wollte die Berücksichtigung der Verluste ehemaliger Töchter in Deutschland, Belgien und Frankreich von fast 100 Millionen Pfund bei der britischen Mutter erreichen.Az.C-446/03

Artikel vom 14.12.2005