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Ulrich Zimmer kennt sich aus mit Gutachten für weiterführende Schulen.

»Eltern müssen Empfehlung schlucken«

Schulleiter sieht keine wesentliche praktische Änderung durch Gesetz

Von Burgit Hörttrich
Bielefeld (WB). Eltern sollen nur noch ein eingeschränktes Mitspracherecht bei der Wahl von Haupt- Real-, Gesamtschule oder Gymnasium für ihre Kinder haben. So will es die nordrhein-westfälische Landesregierung. Gegen die pädagogischen Bedenken der Lehrer sollen Viertklässler nicht mehr auf die weiterführende Schule ihrer Wahl geschickt werden können.

Mit dem Halbjahreszeugnis der Klasse 4 sollen die Schüler ein »differenziertes Lern- und Entwicklungsgutachten« erhalten, dass eine Schulempfehlung einschließt. »So war es bisher auch schon,« betont Ulrich Zimmer, der als Leiter der Grundschule Brake langjährige Erfahrungen mit dem Übergang der Schüler auf weiterführende Schulen hat. Er weist darauf hin, dass das Gutachten nicht nur der Klassenlehrer erstellt, sondern auch die Klassenkonferenz ihr Urteil abgibt: »Immer im engen Beratungsgespräch mit den Eltern.« Er weiß auch: »Die allermeisten halten sich an die Schulempfehlung für ihr Kind.« Schließlich beruhe diese Empfehlung auf einem »Langzeitgutachten nach dreieinhalb Unterrichtsjahren«. Es gebe natürlich Eltern, die eine andere Schulform als die empfohlene für richtig für ihr Kind halten und, so Zimmer, »in der Regel nehmen die weiterführenden Schule die Kinder auch auf.« Die weiterführenden Schulen würden dann in den so genannten Jahrgangsstufenkonferenzen über den Werdegang der aller Kinder in den fünften und sechsten Klassen berichten. Aus seiner Erfahrung könne er sagen, so Zimmer: »Die Grundschulgutachten sind verlässlich.«
Den Unterschied zwischen der Praxis heute und dem neuen NRW-Schulgesetz sieht Zimmer in der »größeren Reglementierung der Eltern«: »Sie müssen künftig die Empfehlung schlucken.« Er ist überzeugt, dass das in den strittigen Fällen »selten auf Einsicht« treffen werde und er fürchtet: »Damit wächst der Druck auf die verantwortlichen Lehrer.«
Nach dem Gesetzentwurf vorgesehen ist - als letzte Möglichkeit für die Eltern, doch noch ihren Wunsch durchsetzen zu können - ein »dreitägiger Prognoseunterricht« zur Feststellung der Eignung durchzuführen.
Ulrich Zimmer hält das für »wenig pädagogisch«: »Bislang haben wir mit Eltern, die anderer Meinung als die Empfehlung waren, Beratungsgespräche geführt und meistens den Fall einvernehmlich gelöst. Das ist jetzt nicht mehr möglich - fast schon ein Rückfall in die 1950er Jahre.«

Artikel vom 14.12.2005