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Aus der normalen Welt
in eine große Vitrine

Im Dresdner Schloss wird an den Schätzen gearbeitet

Von Simona Block
Dresden (dpa). Blattgold, holzgetäfelte Wände, funkelnde Spiegel, goldene Konsolen, ornamentgeschmückte Decken - die zehn Räume im Erdgeschoss des Schlosses sind schon jetzt ein Schmuckkästchen. Dabei fehlt das Wichtigste noch: 3000 Meisterwerke der Juwelier- und Goldschmiedekunst.

»Das Historische Grüne Gewölbe wird schöner, als es vor dem Krieg und im 19. Jahrhundert war«, schwärmt Kunsthistoriker Dirk Syndram. Mit der Eröffnung im nächsten Jahr soll die einzigartige Sammlung des 18. Jahrhunderts wieder komplett sein. Der Freistaat investiert etwa 41,6 Millionen Euro. Bereits seit 2004 sind in einem modernen Teil 1068 Kunstwerke zu sehen.
Sieben der zehn Räume im Erdgeschoss gehörten zur »Geheimen Verwahrung«, die bereits um 1550 entstand. Wegen malachitgrüner Abfärbungen einzelner Bauteile wurden sie vermutlich schon von 1572 an als »Grünes Gewölbe« bezeichnet. August der Starke (1670-1733) ließ es um 1723 zum öffentlich zugänglichen Schatzkammermuseum ausbauen. Im Februar 1945 wurden vier der acht Räume zerstört, die restlichen unbenutzbar.
60 Jahre danach funkelt es im Gewölbe für die Schatzkammer von Sachsens Kurfürsten und Königen täglich ein bisschen mehr. Im Frühjahr 2006 soll sie eingerichtet werden, von September an für Besucher offen sein. »Durch eine Klimaschleuse verlässt er die normale Welt und geht in eine große Vitrine«, kündigt Syndram an. Der Rundgang beginnt im Bernsteinkabinett, in dem entsprechendes Licht den warmen Goldklang des Materials entfalten lässt.
Das Weißsilberzimmer bekommt sein Zinnoberrot zurück, das Kokosnusspokale, Silberstücke, Seeschneckengehäuse, Nautilusschale und Serpentindrechseleien strahlen lässt. Im Pretiosensaal spiegelt sich tausendfach das Licht.
Der Obeliscus Augustalis hingegen ist noch zerlegt in der Restaurierung. Am Sockel hat Restauratorin Eve Begov schon Emaille gefestigt, die Unterkonstruktion erneuert und Oberflächen gereinigt. Obwohl seit 1994 daran gearbeitet wird, konnten nicht alle Stücke restauriert, sondern nur in einen ausstellungsfähigen Zustand gebracht werden.
»Vieles werden wir möglichst bald generalüberholen müssen«, sagt Syndram. Der Verfallsprozess gehe trotz idealer Klimabedingungen weiter. »Der größte Feind der Objekte ist der Besucher, weil er Ausdünstungen, Schuppen und Staub hinterlässt«. »Die beste Möglichkeit, die Sachen zu erhalten, wäre, sie nicht auszustellen.« Aber das konnte schon Kurfürst und Polens König Friedrich August II. nicht, der seine Schatzkammer für Gäste öffnete. »Als Gesamtkunstwerk, das zum Ziel hat, dem Besucher den Atem stocken zu lassen ob all der Pracht.«

Artikel vom 14.12.2005