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Grüne fürchten ein »Pariser Pulverfass«

Kreisetat macht Millionen-Schulden und verzehrt sämtliche Rücklagen - Bentler wettert gegen Calden

Von Karl Pickhardt (Text und Fotos)
Kreis Paderborn (WV). Nur mit restlosem Verzehr sämtlicher Rücklagen von 4,9 Millionen Euro und neuen Schulden von 6,9 Millionen Euro kommt Landrat Manfred Müller mit seinem Kreishaushalt (236 Millionen Euro) im nächsten Jahr über die Runden. Der Kreisetat wurde jetzt mit Stimmen von CDU, SPD und FDP bei Gegenstimmen von Grünen und FBI verabschiedet.

In der Etatdebatte rückten Politiker aller Fraktionen auch den Paderborner Flughafen in den Mittelpunkt. Dabei scheiterte der Versuch von FDP, Grünen und FBI, aus Airport-Gewinnen (1,3 Millionen Euro) Gelder für den Kreis Paderborn als Mehrheitsgesellschafter abzuschöpfen. CDU-Fraktionschef Dr. Helmut Bentler nutzte seine Haushaltsrede erneut zu Attacken gegen einen drohenden Konkurrenz-Flughafen in Kassel-Calden. Bentler hofft, dass eine länderübergreifende Allianz in Nordrhein-Westfalen, Thüringen und Niedersachsen den Neubau in Nordhessen verhindere. Der CDU-Fraktionsvorsitzende setzt auch auf eine Schienenanbindung des Paderborner Flughafens. Dabei dürfe auch die an der Paderborner Universität entwickelte neue Bahntechnik nicht aus den Augen verloren gehen. Eine Gewinnausschüttung schwäche den Flughafen, der jetzt für weitere Investitionen eine solide Kapitalausstattung brauche.
SPD-Fraktionsvorsitzender Bernd Schäfer will die Wirtschaftsförderung im Kreis Paderborn in professionelle Hände eines Betriebswirts legen, um damit Arbeitsplätze zu erhalten und zu schaffen. Die CDU-Mehrheit lehnte die Einstellung eines Wirtschaftsförderes ab. Diese Arbeit leiste ein bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) angesiedeltes Service-Büro in Kooperation mit der Kreishandwerkerschaft und dem Kreis Paderborn. Die SPD strafte die »CDU-Blockadepolitik« mit Ablehnung des Stellenplanes.
Für die Bündnisgrünen warnte Martina Wolf-Sedlatschek vor einem Konfliktpotential von 1500 arbeitslosen Jugendlichen im Kreis Paderborn. »Das Aufbegehren der Jugendlichen in Paris sollte uns alle aufwecken, mahnte die finanzpolitische Sprecherin der Grünen: »Wir basteln uns mit offenen Augen ein Pulverfass, ohne den Sprengstoff darin unter Kontrolle zu haben. Ihr Antrag auf eine zusätzliche Ausbildungsstelle im Kreishaus fand keine Zustimmung.
FDP-Fraktionsvorsitzender Günter Münzberger prangerte die wachsende Schuldenpolitik im Kreishaus an. Ende 2006 drohe ein Schuldenberg von 38,5 Millionen Euro. Das seien 13 Millionen mehr als noch Anfang 2004. Gleichzeitig würden die Rücklagen vollends aufgezehrt. Gleichwohl stützt die FDP die Abschaffung der Jagdsteuer im Kreis Paderborn, die jährlich 200000 Euro brachte.
Auch FBI-Sprecher Hans-Gerd Ostermann sorgt die Schuldenpolitik des Kreises mit Auflösung der Rücklagen. Er wetterte gegen die Beteiligung des Kreises am Neubau der Kammerspiele in Paderborn mit drei Millionen Euro: Dies sei keine Investition, sondern eine Schenkung an die Bauherren (Volksbank Paderborn-Höxter). Da nach jüngsten Entwicklungen ein Neubau im Kötterhagen in Paderborn fraglich sei, fehle die rechtliche Grundlage für diese Position im Kreishaushalt. Die Mehrheit des Kreistages hält jedoch an den drei Millionen Euro für einen Theaterneubau in Paderborn fest.
Fast zu einem Eklat kam es zum Schluss der Beratung. Zornig reagierten SPD und andere Fraktionen, weil die CDU unangekündigt mehrere Anträge (Förderung der ehrenamtlichen Arbeit in der Hospizbewegung oder Gründung von Familienzentren) vorgelegt hatte. »Kaum einer wusste noch, um was es dabei ging«, ärgerte sich noch gestern SPD-Chef Schäfer.

Artikel vom 14.12.2005