13.12.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Es gibt keine neuen EU-Vorschläge

Heute beginnt in Hongkong die WTO-Konferenz über einen freieren Welthandel

Berlin (Reuters). Einen Tag vor Beginn der WTO-Konferenz in Hongkong über einen freieren Welthandel hat die Bundesregierung vor einem Scheitern des Treffens gewarnt und von den USA und wichtigen Schwellenländern mehr Kompromissbereitschaft gefordert.
Hat keine hohen Erwartungen an die WTO-Konferenz: Michael Glos.
»Es sieht gegenwärtig nicht so aus, als wenn in Hongkong ein Durchbruch gelingt«, sagte Wirtschaftsminister Michael Glos gestern in Berlin. Es mache keinen Sinn, zu hohe Erwartungen zu wecken. »Man muss dieses Mal schon sehr froh sein, wenn diese Konferenz nicht als gescheitert gewertet wird«, warnte er. Es komme darauf an, zumindest die Basis für weitergehende Verhandlungen der Minister im kommenden Jahr zu legen.
Nachdem die Europäer schon vor Wochen mit einem Verhandlungsangebot Entgegenkommen beim Abbau von Agrarsubventionen und Zöllen gezeigt hätten, werde es keinen neuen EU-Vorschlag geben. Auch Agrarminister Horst Seehofer, der zusammen mit Glos und der Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul morgen nach Hongkong reist, forderte, in Hongkong die Weichen für einen ausgewogenen späteren Kompromiss zu stellen.
Im Zentrum der heute beginnenden Konferenz dürfte erneut der Streit um Agrarsubventionen stehen, der bislang jeden Fortschritt in den Bereichen Industriezölle und Dienstleistungsverkehr verhindert hat. Entgegen Äußerungen der Finanzminister der sieben führenden Industrieländern (G-7), dass Brasilien und Indien neue Angebote zum Abbau ihrer Industriezölle gemacht hätten, erklärte das Wirtschaftsministerium nun, es gebe keine neuen Vorschläge dieser beiden Länder.
Glos unterstrich das besondere deutsche Interesse an einer weiteren Liberalisierung des Welthandels. Als Exportweltmeister und als Land, in dem jeder vierte Arbeitsplatz direkt oder indirekt vom Welthandel abhänge, trete Deutschland ganz besonders für eine Einigung ein. Das müsse im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO) auf multilateraler Ebene geschehen. Gelinge das nicht, drohe ein Durcheinander von vielen Tausenden bilateraler Handelsabkommen, warnte Glos.
Der Wirtschaftsminister beklagte, dass gerade wichtige Schwellenländer wie Brasilien, Indien und China bislang zu wenig getan hätten, um Kompromisse zu ermöglichen. Auch die USA fordere im Bereich Agrarsubventionen von der EU mehr, als sie sich selbst abverlangen lasse. Ein neues Verhandlungsangebot der EU werde es erst einmal nicht geben.

Artikel vom 13.12.2005