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Kritik an Schröder wächst

Ruf nach Ehrenkodex für Ex-Politiker - Der Altkanzler wehrt sich

Berlin (dpa). Als Konsequenz aus den umstrittenen Manager-Plänen von Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) wird der Ruf nach einem Ehrenkodex für ausgeschiedene Spitzenpolitiker lauter. Die neue Bundesregierung will solche Verhaltensrichtlinien prüfen.
Mit »Schnellschüssen« sei aber nicht zu rechnen, sagte Vize- Regierungssprecher Thomas Steg gestern in Berlin. Unterdessen hat Alt-Bundeskanzler Gerhard Schröder Kritik an seinem umstrittenen Engagement für das deutsch-russische Gaspipeline-Konsortium zurückgewiesen.
Auch in der SPD sorgte Schröders geplanter Einstieg als Aufsichtsratschef bei der Betreibergesellschaft für die deutsch-russische Ostsee-Gaspipeline. für Unruhe. Als Kanzler hatte Schröder das Projekt mit Russlands Präsident Wladimir Putin eingefädelt und vorangetrieben.
Nach einem Treffen mit dem Altkanzler wies SPD-Chef Matthias Platzeck allerdings alle »Unterstellungen« an Schröders Adresse zurück. An dessen »völliger Integrität« gebe es keinerlei Zweifel. Als Regierungschef habe Schröder stets für deutsche Interessen gekämpft. »Instinktlos« nannte Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) Schröders Pläne. Er habe sich nicht vorstellen können, dass ein deutscher Regierungschef so schnell mit »einem nahe liegenden Anschein umgeht, dass hier ein Zusammenhang bestehen könnte zwischen politischem Engagement und eigenen wirtschaftlichen Interessen«, sagte Lammert.
Der Bundestagspräsident sprach sich gegen neue Gesetze aus, um den Übergang von Politikern aus öffentlichen Ämtern in die Wirtschaft zu regeln. Es gebe Dinge, die gehörten sich einfach nicht.
Nach Stegs Worten will Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zum jetzigen Stand zu Schröders Engagement »keine weitergehende Bewertung« abgeben. Auch Bundestags-Vizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) ging - wie zuvor schon SPD-Fraktionschef Peter Struck - auf Distanz. »Ich hätte es nicht gemacht«, sagte er.
CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla kritisierte, Gerhard Schröder richte mit seinem Einstieg »erheblichen Schaden an«. Mit Schröders Wechsel ins Management des Betreibers der Ostsee-Gaspipeline könnte der Tatbestand der strafbaren Vorteilsannahme gegeben sein, meinte gestern der Bochumer Staatsrechtler Helmut Siekmann.
Schröder betonte: »Da wird viel Unsinn verbreitet«. Über eine Entlohnung sei noch gar nicht gesprochen worden. Der Ex-Kanzler rechne mit der »für solche Aufgaben üblichen Aufwandsentschädigung« und nannte in Medien genannte Summen von 200 000 bis zu einer Million Euro »sicherlich viel zu hoch«. Schröder sagte der Süddeutschen Zeitung: »Für mich ist es eine Ehrensache, bei dem Pipeline-Projekt mitzumachen.« Er sei am vergangenen Freitag »von russischer Seite« angerufen worden. Dabei sei ihm das Amt im Aufsichtsrat angeboten worden. Schröder habe darauf hingewiesen, dass er einen solchen Posten nur antrete, wenn die an dem Konsortium beteiligten beiden deutschen Firmen E.ON und BASF einverstanden seien. Kurz darauf sei er von Vorstandsmitgliedern beider Unternehmen angerufen und gebeten worden mitzumachen. Seite 4: Leitartikel

Artikel vom 13.12.2005