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»Hier sieht es aus wie
im Katastrophenfilm«

Treibstofflager bei London explodiert - 36 Verletzte

Von Michael Kirner
London (dpa). Wenige Stunden nach der Katastrophe verdüstert sich der Himmel über London. Tausende Touristen, die gestern im Herzen der britischen Metropole unterwegs sind, beobachten verwundert, wie die Ausläufer einer überdimensionalen schwarzen Rauchwolke durch den zuvor noch strahlend blauen Herbsthimmel ziehen.

Eine gewaltige Explosion hatte die Menschen in der Nähe des Treibstofflagers Buncefield am Flughafen Luton, 50 Kilometer von London entfernt, am frühen Morgen aus dem Schlaf gerissen. Nach Polizeiangaben wurden bei dem Unglück insgesamt 36 Menschen verletzt, zwei von ihnen schwer. Die Vermutung, ein Flugzeug sei in die mit Öl, Benzin und Kerosin gefüllten Tanks gestürzt, bestätigte sich ebenso wenig wie die Befürchtung, es handele sich um einen Terroranschlag.
»Ich wachte auf und dachte an ein Erdbeben«, sagte die 90-jährige Hilary Talbot-Ponsonby aus dem nahe gelegenen Berkham-stedt: »Das ganze Haus hat gewackelt.« Eine ebenfalls in der Nähe lebende Reporterin des Rundfunksenders BBC sagte: »Wir dachten als erstes an einen Flugzeugabsturz und rannten wie viele unserer Nachbarn auf die Straße.«
Andere verglichen den Vorgang mit dem Ausbruch eines Vulkans, berichteten von abgedeckten Dächern, eingedrückten Haustüren und Rissen in den Wänden. Fensterscheiben gingen zu Bruch, viele Menschen wurden in Sicherheit gebracht. »Hier sieht es aus wie in einem Katastrophenfilm«, sagte ein Reporter der BBC.
Wie Augenzeugen berichteten, wurde das Lager in Hemel Hempstead zunächst von einer großen Explosion erschüttert, die noch 60 Kilometer vom Unglücksort entfernt zu hören war. Danach habe es noch drei kleinere Explosionen gegeben. Die Flammen über dem Unglücksort schossen bis zu 100 Meter hoch in den Himmel. »Ich bin um mein Leben gelaufen«, berichtete Tankwagen-Fahrer Paul Turner, der zum Zeitpunkt des Unglücks auf dem Gelände war. »Ich habe diesen riesigen Feuerball hinter dem Gebäude aufsteigen sehen. Es folgte die größte Explosion, die ich jemals in meinem Leben gehört habe.«
Das fünftgrößte Treibstofflager Großbritanniens versorgt den Flughafen Luton und wird von mehreren großen Ölgesellschaften genutzt. Dort gibt es 20 Tanks mit einem Fassungsvermögen von jeweils 13,6 Millionen Litern. Angesichts der giftigen Dämpfe wurden die Anwohner aufgefordert, die Häuser nicht zu verlassen. Behinderungen für den Flugverkehr in Luton gab es nicht.

Artikel vom 12.12.2005