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Ärztestreik
weitet sich
in OWL aus

Morgen Proteste an drei Kliniken

Von Dietmar Kemper
Bielefeld (WB). Mindestens 300 Krankenhausärzte aus Ostwestfalen-Lippe beteiligen sich morgen an landesweiten Streiks. Bei Protestmärschen und »Aktiven Mittagspausen« fordern im Städtischen Krankenhaus Bad Oeynhausen 50 Mediziner mehr Einkommen, im Klinikum Minden 150 Ärzte und im Städtischen Klinikum Gütersloh weitere 100 Kollegen.
Theodor Windhorst vom Marburger Bund.

Es werde mehrstündige bis ganztägige Streiks in 100 der bundesweit 750 kommunalen Krankenhäuser geben, sagte gestern Theodor Windhorst aus Bielefeld dieser Zeitung. Der OWL-Bezirksvorsitzende der Ärzteorganisation Marburger Bund, die zu den Protesten aufgerufen hatte, betonte: »Wir wollen die kommunalen Arbeitgeber zu Gesprächen zwingen. Und so lange wir die nicht bekommen, werden wir streiken und das System blockieren.«
Übermorgen schließen viele niedergelassene Ärzte im Regierungsbezirk Detmold ihre Praxen, um gegen sinkende Einkommen und die ihrer Meinung nach restriktive Abrechnungspraxis der Kassen anzugehen. Es werde flächendeckend Proteste im Kreis Gütersloh und vereinzelte Schließungen in Bielefeld geben, kündigte der Sprecher der neu gegründeten »Initiative Gesundheit OWL«, Steffen Kroll, aus Bielefeld an. Die Interessenvereinigung vertritt nach eigenen Angaben 1000 Ärzte. Bei den Aktionen morgen und übermorgen handele es sich um eine konzertierte Aktion, erklärte Theodor Windhorst, der auch Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe ist. Krankenhaus- und niedergelassene Ärzte stützten sich gegenseitig. Weil die Versorgung trotz der Proteste sichergestellt werde, würden die Patienten nicht unter der tarifpolitischen Auseinandersetzung leiden.
Die Krankenhausärzte fordern 30 Prozent mehr Einkommen, um die Einbußen durch die nicht mehr als Arbeitszeit gewerteten Bereitschaftsdienste auszugleichen und zur Vergütung der Kollegen im Ausland aufzuschließen. Windhorst: »In England verdienen Ärzte mehr als das Doppelte.« Wegen der besseren Verdienstchancen arbeiteten 12 000 deutsche Krankenhausärzte im Ausland. Der Marketing-Professor Roland Multhaup aus Münster, der die Studie »Zur Motivationslage deutscher Krankenhausärzte« veröffentlicht hat, hält die Mediziner für frustriert, die Strukturen für veraltet und die Finanzsituation für desolat.

Artikel vom 12.12.2005