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Apropos Antriebskraft und Begeisterungsfähigkeit: In dieser Disziplin zumindest dürfte Deutschland anno 2006 mit Sicherheit (fast) galaktische Maßstäbe setzen.

EDITORIAL

Eine Brücke
zwischen
den Jahren


Verehrte Leserinnen,
liebe Leser,
wie auch anderwärts im richtigen Leben sollte man auch Tageszeitungen eine gerechte Beurteilung zuteil werden lassen. Sie verdienen allemal eine genauere, gründliche Betrachtung.
Denn die fixe Redensart, dass nichts so alt sei wie die Zeitung von gestern, wird von der Wirklichkeit durchaus nicht in Bausch und Bogen getragen.
Mit anderen Worten: Allein schon das übrigens höchst aufschlussreiche Blättern im Jahresband 2005 des WESTFALEN-BLATTES und seiner stattlichen 26 ostwestfälischen Lokalausgaben kann in der Rückschau auf die vergangenen zwölf Monate neue und oftmals gänzlich überraschende Blickwinkel auf Gewesenes öffnen.
Viele gute und böse, zwiespältige und unbegreifliche Ereignisse, Versäumnisse, Taten und Begebenheiten erscheinen dann bei nochmaligem, sehr bewusstem Nachlesen in teils völlig anderem Licht.
Das ist für direkt Beteiligte und Betroffene im Einzelfall häufig schon deshalb hilfreich, weil es zum Überdenken anregt. Und daraus wiederum erwächst nicht selten eine größere Gelassenheit im Umgang mit Verhaltensweisen und Geschehnissen, die bis dahin so stark von Gefühlsaufwallungen begleitet und überdeckt waren, dass mancher vor lauter Bäumen zeitweise sogar den Wald aus den Augen verloren hatte.
Eben deshalb, liebe Leserinnen und Leser, bereitet es der Redaktion Ihrer und unserer Zeitung immer wieder ein besonderes Vergnügen, sich gemeinsam mit Ihnen und speziell für Sie jeweils zum Jahreswechsel nochmals an einige der wichtigsten Ereignisse der zurückliegenden 365 Tage zu erinnern:
- Etwa an Kanzler Gerhard Schröders per Neuwahlen selbsterwirkten vorzeitiger Abgang bereits nach sieben rot-grünen Regierungsjahren;
- im Gefolge dessen an die große Berliner Deutschland-Koalition von CDU/CSU und SPD mit Angela Merkel, der ersten Frau im Kanzleramt überhaupt, an der Spitze und dem Sozialdemokraten Franz Müntefering in der Vize-Führungsposition;
- an das angestrengte Ringen um die maroden Staatsfinanzen. Stichworte: Steuern, Renten, Gesundheit, Sozialmissbrauch, Geldverschwendung seitens Politik und Bürokratie, Selbstbedienung bei Abgeordneten und sonstigen Funktionsträgern etc., etc.
Und dann der Blick nach »draußen«, mitten hinein in die regionalen und internationalen Verwicklungen, von denen viele wohl niemals enden werden, solange Menschen sogar an verbrecherischer Gewalt ihr Mütchen kühlen, Feindschaften säen, zu Hass aufstacheln und die Unversöhnlichkeit gleichsam zum persönlichen Programm erheben:
- Eine Folge: das schier endlose Leiden auf dem Schwarzen Kontinent Afrika, wo selbst bestgemeinte, milliardenschwere Dauer-Hilfsaktionen nur zu oft ins Leere laufen und Hilfsgelder, die fast ausschließlich aus den wohlhabenden Industrieländern kommen, in dunklen Kanälen versickern.
- Hauptgrund: Die Empfänger, zumeist dubiose Clan-Regime und rüde Diktatoren werden von den Gebern praktisch an keinerlei Auflagen gebunden wie vor allem daran, ihre Länder durchgreifend und nachprüfbar zu demokratisieren.
- Das Weiterschwelen der Balkan-Konflikte insbesondere im unruhigen Kosovo.
- Und natürlich die ungelöste Irak-Krise, angeheizt von einer Führung im benachbarten Iran, die dem Staat Israel und dessen Bewohnern völlig unverhohlen mit der Auslöschung droht, wo- möglich gar unter Einsatz atomarer Schreckenswaffen, die das Mullah-Regime am liebsten auch noch selbst herstellen möchte.
Derweil überholt just zur selben Zeit China selbst England und schwingt sich in anhaltend atemberaubendem Tempo nunmehr schon zur viertstärksten Wirtschaftsmacht der Erde auf. Eine Dynamik, die noch viele weitere Schlagzeilen auslösen wird.
Apropos Antriebskraft und Begeisterungsfähigkeit: In dieser Disziplin zumindest dürfte Deutschland anno 2006 mit Sicherheit (fast) galaktische Maßstäbe setzen. Darauf lässt schon der lange Anlauf schließen, den »wir« als freundliche Gastgeber auf das Mega-Fest der Fußballweltmeisterschaft bereits im alten Jahr 2005 genommen haben.
Alsdann, Anpfiff ist am 9. Juni 2006. Bis dahin freilich wird sich rund um den Erdball noch vieles andere und viel Ungeahntes und Unvorhersehbares ereignen.
Zunächst indes bietet das traditionelle WESTFALEN-BLATT-Jahres-Magazin 2005 reichlich Lesestoff und Bilderinnerungen. Vielleicht kann es auch Ihnen von Nutzen sein als Brücke zwischen dem alten und dem neuen Jahr.

Herzlich, Ihr





Rolf Dressler
Chefredakteur

Artikel vom 31.12.2005